Die frühen Urwale Indopakistans

von Johannes Albers | cetacea.de | Essen | 25. Juli 2010

Vater, Mutter und Kind: Maiacetus inuus

Maiacetus inuus, Skelett des Männchens in Fundlage. Das Weibchen mit dem Ungeborenen ist weniger vollständig erhalten. Zeichnung: Bonnie Miljour. Quelle: Gingerich et al. 2009 (57).

Kehren wir zurück zu der Familie Protocetidae. Als Zeitgenossen von Artiocetus und Rodhocetus stellten Gingerich und seine Kollegen im Jahre 2009 eine weitere Art aus Pakistan vor: Zwei Funde von 2000 und 2004 wurden einen Kilometer voneinander entfernt entdeckt und alsMaiacetus inuus beschrieben. (57) Als Besonderheit unter den frühen Protocetidae zeigen sie eine feste Verwachsung der beiden Unterkieferäste, was auf nahrungsökologische Eigenheiten hindeuten könnte.

Ähnlich wie bei Rodhocetus trugen die drei mittleren Zehen der Vorderfüße Hufe, die beiden äußeren nicht. Die Hinterfüße zeigen an den Knöcheln wiederum die Merkmale der Paarhufer. Sie sind zwar länger als die Vorderfüße, aber nicht so stark vergrößert wie bei Rodhocetus. Auch die Körpergröße ist geringer und entspricht eher dem Artiocetus: Bei einer Skelettlänge von 2,60 Metern dürfte das Gewicht knapp unter 400 kg geblieben sein.

Eines der Skelette ist fast vollständig erhalten und kann im Ausstellungsmuseum der Universität von Michigan bestaunt werden. Dieses Tier wird als Männchen gedeutet, da es nicht nur größer ist als der andere Fund, sondern auch relativ größere Eckzähne besitzt und ein typisch männlich geformtes Becken aufweist. Der andere Fund ist ein Weibchen mit einem fast ausgetragenen Jungtier im Bauch.

Dieses Junge wurde an der Radiologischen Klinik der Universität Bonn per Computertomographie untersucht. Schon im Mutterleib entwickelten sich die Kronen von Mahlzähnen, und das Junge wäre wie bei Landsäugern mit dem Kopf voran geboren worden. Daher nehmen die Forscher an, dass auch bei Maiacetus (der Name bedeutetMutterwal) die Geburt noch an Land erfolgte, und dass das Junge sehr schnell in der Lage war, selbstständig Nahrung aufzunehmen. Der Artname inuus bezieht sich auf einen antiken Fruchtbarkeitsgott. Maiacetus inuus ist ein einzigartiger Glücksfall, der uns vermittelt, wie bei einer Urwalart Vater, Mutter und Kind ausgesehen haben.