Ein Abriss über die fossilen Bartenwale

von Johannes Albers | cetacea.de | Essen | 27. August 2012

Mauicetus

Eine eindeutige oligozäne Bartenwalgattung ist Mauicetusaus Neuseeland: Zuerst beschrieb BENHAM 1937 anhand eines Schädels die neue Walgattung Lophocephalus mit der Art L. parki. Dann wurde er darauf aufmerksam gemacht, dass der Gattungsname bereits dreimal vergeben worden war: an ein Sporentierchen (Einzeller), einen Käfer und einen Fisch. Deshalb führte er im März 1939 als Ersatz den Gattungsnamen Mauicetus ein. So heißt die Typusart heute Mauicetus parki.

Als neue Arten beschrieb MARPLES 1956 Mauicetus brevicollis (ohne den Schädel zu kennen), Mauicetus lophocephalus (Schädellänge beim lebenden Tier ca. 1,50 Meter) und Mauicetus waitakiensis. Zu den beiden letzten Formen meint aber R. EWAN FORDYCE, dass sie nicht in dieselbe Gattung wie Mauicetus parki gehören.

Soweit aussagekräftige Fossilien vorliegen, ist im Kreis dieser Arten zumindest bei erwachsenen Tieren Zahnlosigkeit festzustellen. (Als Embryo haben selbst heutige Bartenwale noch Zahnanlagen.) Deshalb darf man hier bereits die Existenz der hornigen Barten im Oberkiefer vermuten. Die Barten selbst sind nicht überliefert und auch bei anderen, geologisch jüngeren Walfunden nur recht selten fossilisiert.

Mauicetus wird der Sammelfamilie Cetotheriidae zugerechnet. In dieser Familie hat man zahllose Arten untergebracht, von denen man sehr wohl weiß, dass sie keine natürliche Familieneinheit bilden. Aber bislang ist die Forschung noch nicht in der Lage, eine stichhaltige und zugleich umfassende Systematisierung vorzunehmen. Überhaupt gibt es in dieser Hinsicht bei fossilen Bartenwalen noch eine Menge Arbeit zu bewältigen.

Cetotheriopsis

Zu den Cetotheriidae zählt man auch Cetotheriopsis lintianusaus dem Oberoligozän von Linz in Österreich. Davon kennt man nur ein Stück des Hinterschädels. Gefunden wurde es wohl 1849. CARL EHRLICH vom vaterländischen Museum in Linz schickte einen Gipsabdruck an den Gelehrten und späteren Bundestagskassierer HERMANN VON MEYER in Frankfurt am Main. Der stellte den Fund in die Gattung Balaenodon. Diese Einordnung wurde in den 1860er Jahren durch PIERRE JOSEPH VAN BENEDEN widerrufen, der das Schädelstück als Aulocetus und später auch Stenodonansprach. Dabei stellte er den Wal als einen Vertreter der Zeuglodonten dar. Schließlich erkannte BRANDT in dem Tier einen Bartenwal und benannte die Gattung 1871 in Cetotheriopsis um. Lange Zeit galt dieses Tier als der einzige bekannte Bartenwal des Alttertiärs auf der Nordhalbkugel.

Doch im Juni 1965 fand man in einer Kiesgrube in Lank-Latum am Niederrhein (linksrheinisch, gegenüber des rechtsrheinischen Düsseldorf-Kaiserswerth) ein neues Hirnschädelfragment eines oligozänen Bartenwals. Es war mit einem Bagger aus dem Boden geholt und zunächst unerkannt auf die Halde gekippt worden. Geborgen wurde der Walrest durch den Geologen FRITZ VON DER HOCHT. Das Tier wurde von ROTHAUSEN Cetotheriopsis tobienigenannt, nach dem Säugetier-Paläontologen HEINZ TOBIEN, dem er die Beschreibung widmete. Es ist der frühste bekannte Bartenwal im Atlantikraum nördlich der Tethys, der Urheimat der Wale. Der komplette Schädel war beim lebenden Tier wohl ungefähr einen Meter lang, sein fossiler Rest ging an die Universität Mainz. Die Gattungszuordnung wurde inzwischen freilich in Zweifel gezogen.