67. Tagung der Internationalen Walfangkommission (IWC) am 10. – 14. 9. 2018 in Florianopolis, Brasilien: Zusammenfassung und Ergebnisse

von Johannes Albers | cetacea.de | Essen | 15. September 2018

Die IWC-Staaten wehrten mehrheitlich einen Angriff der Regierung Japans auf das seit 1986 bestehende IWC-Moratorium für kommerziellen Walfang ab. Die Mehrheit unterstützte vielmehr eine Vorlage mit Betonung auf Walschutz. Aber der Schutz kommt bei der IWC nur langsam voran, weil die Walfang- und Walschutz-Lager sich gegenseitig blockieren. Deshalb verbindet sich das Ringen um die Wale mit dem Ringen um eine Reform der IWC.

Der Gegensatz zwischen den Lagern spiegelt sich in der Konstellation der diesjährigen Tagung: Gastgeber Brasilien zählt zur Walschutz-Seite, der dieses Mal amtierende IWC-Vorsitzende Joji Morishita aus Japan kommt aus dem Walfang-Lager. Brasilien und Japan legten unterschiedliche Entwürfe für die Zukunft der IWC vor. Die hat 89 Mitgliedsstaaten, aber z.B. wegen ausstehender Beitragszahlungen haben nur rund 70 von ihnen Stimmrecht. Dabei gelten 42 als Walschutzländer und 25 als Pro-Walfang-Länder. Oft erforderliche Dreiviertelmehrheiten sind schwer zu erlangen.

Japans Vorstoß abgeblockt

WalfangJapans Regierung legte unter dem Titel „Weg vorwärts für die IWC“ einen Plan aus mehreren Elementen vor: Er wollte das Walfang-Moratorium beenden, dazu sollte ein neues Komitee für „nachhaltigen Walfang“ entstehen, und Fangquoten sollten mit einfacher Mehrheit beschlossen werden, statt der bisher nötigen Dreiviertelmehrheit für verbindliche IWC-Entscheidungen. Um diese Regeländerung zu ermöglichen, wollte Japan auf einer eigenen diplomatischen Konferenz die internationale Walfang-Konvention von 1946 ändern, deren ausführendes Organ die IWC ist.

Dieser Plan bekam in der IWC 27 Ja-Stimmen, 41 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen. Letztere stammten von Russland und Südkorea. Südamerikanische und die EU-Länder stimmten gegen den Plan, allerdings hatte Rumänien kein Stimmrecht, ebenso wie Mali, Eritrea und einige Andere.

Für Japans Plan stimmten neben den Walfangländern Norwegen und Island u.a. Kambodscha, Kenia, Kiribati, Laos, Liberia, Marokko, die Mongolei, Nauru, St. Kitts und Nevis, St. Lucia, Tansania und Tuvalu. Einige Länder waren bei der Abstimmung nicht anwesend, so z.B. China.

Die Florianopolis-Deklaration

Brasiliens „Florianopolis-Deklaration“ ist der Gegenentwurf zu Japans Plan. Sie erkennt als nachhaltige Walnutzung nur nichttödliches Whale Watching an, will die Walbestände wieder auf ihre Ursprungsgröße vor der industriellen Bejagung anwachsen lassen, und die bisherige Walfangkommission zu einer Walschutzkommission umbauen. Diese Deklaration wurde mit 40 Ja- gegen 27 Nein-Stimmen bei 4 Enthaltungen angenommen. Sie ist aber nicht rechtsverbindlich.

Kein Walschutzgebiet Südatlantik

Seit 20 Jahren diskutiert die IWC, den Südatlantik zu einem Walschutzgebiet zu erklären. Wie auf früheren Tagungen, so scheiterte der Antrag auch dieses Mal an der nötigen Dreiviertelmehrheit: Es gab 39 Ja- und 25 Nein-Stimmen bei 3 Enthaltungen. Mit Ja stimmten u.a. die Antragsteller Brasilien, Uruguay, Argentinien, Gabun und Südafrika, sowie die EU-Staaten und die Schweiz. Mit Nein stimmten die Walfangstaaten Japan, Norwegen und Island., sowie u.a. Russland und Südkorea.

Eingeborenen-Walfang

Sonderregeln hat die IWC für sogenannten Eingeborenen-Subsistenzwalfang, der zur Selbstversorgung von Naturvölkern in entlegenen Regionen dient. Das betrifft Russland (wegen Sibirien), die USA (wegen Alaska) und Dänemark (wegen Grönland), sowie den Karibikstaat St. Vincent und die Grenadinen (wegen Bequia). Diese Nationen legten einen gemeinsamen Antrag vor, um mehr Entscheidungskompetenzen von der IWC auf die einzelnen Staaten zu übertragen. Neue Fangquoten für die nächsten Jahre wurden von der IWC gebilligt: Sie bekamen 58 Ja- und 7 Nein-Stimmen bei 5 Enthaltungen.

Walfang gegen Welthunger?

Der Karibikstaat Antigua und Barbuda griff zusammen mit Guinea, Ghana und Kambodscha den Vorstoß von der letzten IWC-Tagung wieder auf, Walfang als ein Mittel zur Bekämpfung des Hungers in der Welt anzupreisen. Der Resolutionsantrag wurde aber mangels Aussicht auf Erfolg zurückgezogen. Ähnlich war es schon 2014 bei einem solchen Antrag von u.a. Guinea und Ghana.

Beifang

2016 hatte die IWC eine Initiative gestartet, den versehentlichen Beifang großer und kleiner Wale in Fischereigerät zu reduzieren. Dazu wurde nun ein 10-Jahres-Plan verabschiedet. Zur Umsetzung stellen Großbritannien, Belgien und Nichtregierungsorganisationen dieses Jahr zusammen 50.000 britische Pfund bereit. 15 Organisationen begrüßten die Initiative in einem gemeinsamen Statement. Per Konsens nahm die IWC eine Resolution gegen herrenlos im Meer treibende „Geisternetze“ an.

Meeresumwelt

Eine Resolution über Unterwasserlärm wurde per Konsens angenommen. Eine weitere Resolution über Ökosystem-Leistungen erhielt 40 Ja- und 23 Nein-Stimmen bei 7 Enthaltungen. Großbritannien investiert Geld in die Untersuchung der „stinkenden Wale“, die manchmal bei der Eingeborenen-Jagd der Tschuktschen in Sibirien gefangen werden, sich aber als ungenießbar erweisen und nach Chemie riechen. Luxemburg will sich an diesen Untersuchungen beteiligen. Auch Klimawandel und Plastikmüll im Meer sind für Wale Probleme jenseits direkter Bejagung. Sie erfordern eigene Maßnahmen über das Walfang-Moratorium hinaus.

Strandungen

Nächste Schritte in der 2016 begonnenen Initiative zu Walstrandungen hat die IWC abgesegnet. Expertisen im Umgang mit Strandungen sollen international verbreitet und geteilt werden.

Whale Watching

Die IWC segnete ihr neu erarbeitetes Whale-Watching-Handbuch ab, das ständig weiter entwickelt werden soll und sowohl Tour-Anbieter als auch politische Entscheidungsträger zu tierverträglicher Walbeobachtung anleiten will. Diese Art der Walnutzung bringt weitaus mehr Geld ein als die Jagd.

Budgetkürzung für Forscher

Die IWC steht vor Finanzierungsproblemen. Nachdem die früher jährlichen Konferenzen schon auf einen 2-Jahres-Turnus umgestellt wurden, kürzt die IWC nun das Budget für ihr Wissenschaftliches Komitee, das viele Jahre lang wertvolle wissenschaftliche Daten über Wale und Delfine erarbeitet und bereitgestellt hat. Um die Budgetkürzung abzufedern, bietet Italien von sich aus 15.000 € an. In den freiwilligen IWC-Topf für Erforschung und Schutz von Kleinwalen gibt Italien weitere 5.000 €. Großbritannien steuert für diesen Topf nun 10.000 britische Pfund bei. Eine Erhöhung der Pflichtbeiträge für ihre Mitgliedsstaaten lehnt die IWC aber ab.

IWC-Ausblick bis 2020

Per Konsens verabschiedete die IWC eine Resolution zur Fortsetzung des Bemühens um ihre eigene Reformierung. Dazu hatte eine externe Begutachtung im Frühjahr Empfehlungen vorgelegt.
Dabei kommt es nun darauf an, die Florianopolis-Deklaration mit Leben zu erfüllen.

Die nächste IWC-Konferenz findet 2020 statt. Als Gastgeber bot sich ohne Konkurrenz Slowenien an, das bereits die Konferenzen 2014 und 2016, sowie Tagungen des Wissenschaftlichen Komitees ausgerichtet hat. Auch der IWC-Vorsitz geht nun turnusgemäß auf einen Slowenen über: Andrej Bibic. Damit stärkt Slowenien nicht nur sein IWC-Profil, sondern die Konstellation der Konferenz wird 2020 eine andere sein als 2018: Gastgeber und Vorsitzender kommen dann aus dem Walschutz-Lager. Dieser günstige Umstand kann zu einem Plus für Wale und Meere werden!

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