Vorlesungsreihe Wal und Mensch an der Tierärztlichen Hochschule Hannover

von | | | 14. Dezember 2000

von Jan Herrmann und Arnim Andreae
aus dem TiHo-Anzeiger Dezember 2000 (Heft 8)

Sie gehen nicht ins Theater – soweit wir wissen – und doch gibt es einige Anzeichen dafür, dass es auch bei Walgesellschaften eine Form von Kultur gibt. Nach Boyd und Richerson (1996) ist „Kultur Information oder Verhalten, das von Artverwandten durch eine Art sozialen Lernens angenommen wird“. Ob und wieweit man bei Walen von Kultur sprechen kann, ist das jüngste Arbeitsgebiet des kanadischen Walforschers Hal Whitehead. Prof. Whitehead lehrt an der Dalhousie University, Halifax, Nova Scotia und ist einer der führenden Experten für das Sozialverhalten von Walen, insbesondere von Pottwalen. Am 16. Januar ist er bei der Vorlesungsreihe „Wal und Mensch“ zu Gast und wird über „Societies and Cultures of Sperm Whales“ referieren.

Die Eröffnung der Vorlesungsreihe übernimmt bereits am 12. Dezember der Tierarzt des Duisburger Zoos Dr. Manuel Garcia Hartmann. Sein Vortrag beschäftigt sich mit Krankheiten bei wildlebenden und in Delphinarien gehaltenen Zahnwalen. Vor seiner Anstellung als Zootierarzt war Hartmann unter anderem als (Wal-)Pathologe tätig. Vielleicht motiviert ihn auch die Erinnerung an den unangenehmen Geruch toter Wale seine Zoo-Schützlinge gesund zu erhalten.

Den dritten Vortragsabend (23.1.) gestaltet Prof. Rainer Willmann, der Abenteuerliches von der Fahrt eines Pottwales von der nordfriesischen Halbinsel Eiderstedt bis nach Göttingen zu erzählen weiss. Der Pottwal, der mittlerweile im Zoologischen Museum der Universität Göttingen montiert ist, hat als erster seiner Art die Höhenkontrolle im Elbtunnel ausgelöst. Aber auch die Probleme, die zu lösen sind, wenn man das Skelett eines 16,7 Meter langen Meeressäugers schaugerecht aufstellen möchte, werden die Zuhörer mit Spannung verfolgen können.

Zum Abschluss der achten Vorlesungsreihe am 30. Januar freuen wir uns auf einen hauseigenen Gast. Prof. Pohlenz aus dem Institut für Pathologie der TiHo hat mit seiner Arbeitsgruppe während des Robbensterbens 1988/89 zahlreiche verendete Seehunde untersucht. Inwieweit die gefundenen Veränderungen aufgrund von Morbillivirus-Infektionen oder anderen Schadeinflüssen aufgetreten sind, wird er zusammenfassend erklären.

Die Vorlesungsreihe wäre nicht möglich, wenn sich die beiden Verlagshäuser Schlütersche und M. & H. Schaper nicht seit Jahren stark für die Vorlesungsreihe engagieren würden. Neben der Übernahme eines grossen Teils der Kosten, ist eine besondere Attraktion ein Walrätsel, für das die beiden Verlage hochwertige veterinärmedizinische Fachbücher als Gewinne zur Verfügung stellen.

Neben bekannten Gesichtern aus Studierenden- und Dozentenschaft der TiHo, werden jedesmal auch Gäste von ausserhalb auf das TiHo-Gelände gelockt. Besonders unter Biologie- und Pädagogikstudierenden findet die Vorlesungsreihe Zuspruch. Dieses Jahr gab es sogar die erste Anfrage einer Studierenden, die wegen der Vorlesungsreihe von Berlin nach Hannover wechseln wollte.

Wer den lateinischen Ordnungsnamen für die Waltiere kennt (Cetacea), wird keine Probleme haben, die Internetseite der Vorlesungsreihe aufzusuchen. Dieses Angebot (https://www.cetacea.de) gewinnt eine immer stärkere Bedeutung, da dort das ganze Jahr über Informationen für Walfreunde abzurufen sind. Die zum Teil sehr ausführlichen Zusammenfassungen und Literaturempfehlungen vergangener Vorträge sind dort genauso abzurufen, wie Buchbesprechungen, Artikel und kommentierte Links. Neben einem Museumsführer für die Museen, die Wal-Skelette ausstellen, gibt es eine kleine Übersicht über Walschutz-Spendenorganisationen und ein Antiquariat zum Erwerb oder Angebot gebrauchter Wal-Lektüre.