Ausstellung „Wale – Riesen der Meere“ ab 21.09. in Münster

von | lwl | Münster | 21. September 2012

Nach langer und aufwendiger Vorbereitung eröffnet das LWL-Museum Münster die Sonderausstellung „Wale – Riesen der Meere“. Es handelt sich nach eigenen Angaben um die größte Wal-Ausstellung Deutschlands.

Einstimmungssaal: Tauchen mit den Walen. Foto: LWL/Oblonczyk

Nachdem die große und im Braunschweiger Naturhistorischen Museum sehr erfolgreiche Walausstellung „Wunderbare Wale“ im März endgültig die Pforten geschlossen hatte, zieht das LWL Museum für Naturkunde die Walfreunde nun nach Münster. Ab dem 21. September zeigt der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) die Sonderausstellung „Wale – Riesen der Meere“. Mit der deutschlandweit größten Ausstellung und Themenvielfalt zu diesen Meeressäugern illustrieren rund 900 Exponate ihren Lebensraum, Evolution, Anatomie, Lebensweise und Fortpflanzung sowie Walfang und Schutz.

LWL-Direktor Dr. Wolfgang Kirsch: „Zu den Besonderheiten der eine Millionen Euro teuren Ausstellung gehören die lebensechten Walmodelle, Abgüsse von Urwalskeletten sowie das Modell eines Blauwalherzens.“

Seit zwei Jahren bereiten die Ausstellungsmacher Judith Becker, Dr. Thorsten Pickel und Dr. Jan Ole Kriegs unter der Leitung von Museumsdirektor Dr. Alfred Hendricks die Wal-Ausstellung vor. Neben den Exponaten werden Fotos, Grafiken und seltenes Videomaterial eingesetzt, das National Geographic Deutschland zur Verfügung gestellt hat, um den Besuchern die Welt der Wale näher zu bringen.

Auge in Auge mit Walen

Mitten in Deutschland Wale hautnah erleben – dies können die Besucher im „Einstimmungssaal“ der Ausstellung. Hier wird der Lebensraum der Tiere in den unterschiedlichen Meerestiefen mit lebensechten Modellen und Lichtinstallationen simuliert. Die Vokalisationen verschiedener Arten begleiten die Besucher bei der Begegnung mit den Modellen im Maßstab 1:1. „Hier können die Besucher den imposanten Tieren direkt ins Auge schauen und sich von ihrer Größe faszinieren lassen“, sagt der Wissenschaftler Dr. Jan Ole Kriegs über die erste Ausstellungsstation im LWL-Museum. „Wir tauchen mit den Walen hinab in die Tiefen des Ozeans“, erläutert Kriegs.

Blauwalherzmodell

Die drei Ausstellungsmacher (v.l.) Dr. Jan Ole Kriegs, M.Sc. Judith Becker und Dr. Thorsten Pickel vor dem originalgroßen Blauwalherzmodell. Zum Größenvergleich hält Kriegs ein menschliches Herz in seiner Hand. Foto: LWL/Oblonczyk

Die drei Ausstellungsmacher (v.l.) Dr. Jan Ole Kriegs, M.Sc. Judith Becker und Dr. Thorsten Pickel vor dem originalgroßen Blauwalherzmodell. Zum Größenvergleich hält Kriegs ein menschliches Herz in seiner Hand.
Foto: LWL/Oblonczyk[/caption]

Herzklopfen verursacht einer der Ausstellungshöhepunkte: das Modell eines 1,75 Meter hohen Blauwalherzens. Der riesige Muskel, der die Größe eines Kleinwagens hat und bis zu eine Tonne wiegen kann, pumpt pro Schlag 2.000 bis 5.000 Liter Blut durch den gewaltigen Walkörper. Das 300 Kilogramm schwere Modell aus Fiberglas wurde eigens für das LWL-Museum von einer Modellbaufirma in Neuseeland angefertigt und ist deutschlandweit einzigartig.

In der Ausstellung ist das Herz im Bereich Anatomie zu begehen. „Es ist möglich, durch die Blutgefäße in das Innere des Herzens zu gelangen und dem Herzschlag des Tieres zu lauschen“, erklärt die Biologin Judith Becker. Pro Minute schlägt das Herz acht bis zehn Mal. Die wesentlich kleineren Delfine haben hingegen einen Puls von 40 Schlägen pro Minute. Beim Tauchgang verlangsamt sich der Herzschlag der Meeressäuger deutlich, während sich ihr Puls beim Schwimmen an der Wasseroberfläche verdreifachen kann. „Die Anatomie der Tiere hat sich an das Leben im Wasser angepasst“, so Becker. „Der verlangsamte Herzschlag ist eine Sparmaßnahme des Körpers. Es werden nur die wichtigsten Organe wie Herz oder Gehirn ausreichend versorgt“, erklärt die Naturwissenschaftlerin.

Die Welt aus Sicht der Wale

Walforschung mit der Crittercam. Foto: LWL/Oblonczyk

Einen realen Einblick in das Leben der Meeressäuger bieten die Aufnahmen eines speziellen Kamerasystems, der sogenannten Crittercam. Die Meeresbiologen Ari Friedlaender und Greg Marshall ergründen den Lebensraum der Wale unter anderen im Südpolarmeer. Die Aufnahmen zeigen beispielsweise das Jagdverhalten der Buckelwale, tauchende Pottwale oder mitteinander kämpfende Buckelwalmännchen. Die besondere Crittercam-Technik wurde von Greg Marshall, einem Forscher der National Geographic Society, entwickelt. Die Meeresbiologen befestigen die mit einem Peilsender ausgestattete Kamera per Saugnapf direkt auf den Walkörpern. Nach einer vorprogrammierten Zeit wird das Gerät wieder gelöst und ermöglicht den Wissenschaftlern mit Film-, Ton- und weiteren Daten Verhaltensforschung in ihrer ursprünglichsten Form. Diese einmaligen Crittercam-Aufnahmen wurden dem LWL-Museum von dem Medienpartner National Geographic Deutschland zur Verfügung gestellt, der die Nahaufnahmen und die Forschungsergebnisse am Freitag (21.09.) in seiner Oktober-Ausgabe veröffentlicht.

Urwale auf vier Füßen

Dass die Wale vor 50 Millionen Jahren noch vier Beine hatten und an Land lebten, verdeutlichen vier Abgüsse von Urwalskeletten (Archaeoceti). „Diese Modelle zeigen die Entwicklung von Land- zu Meeressäugern“, erklärt der Biologe Dr. Thorsten Pickel. Über Jahrmillionen wurden ihre Körper stromlinienförmiger, und die stark ausgeprägten Hinterbeine sowie das Becken bildeten sich zurück. Ihre Vorderläufe formten sich zu Flossen, den sogenannten Flippern aus. Die mächtige Schwanzflosse, auch Fluke genannt, wurde zum Antriebsorgan, und die Nasenlöcher verlagerten sich auf den Kopf und wurden zum typischen Blasloch.

Waffenbesitzkarte

Eine 1,5 Tonnen schwere Walfangkanone zeigt im Ausstellungsbereich Walfang, welche Geschosse für den industriellen Walfang eingesetzt werden. Die Harpune mit einem Kaliber von 90 Millimetern ist eine Schenkung des Universitätsmuseums Amsterdam.

Um das Geschoss aus den Niederlanden überführen zu dürfen, musste der Ausstellungsmacher und wissenschaftlicher Kurator Dr. Jan Ole Kriegs eine Waffenbesitzkarte bei den Behörden beantragen. „Obwohl die Kanone nicht mehr einsatzfähig ist, fällt sie immer noch unter das Waffenrecht“, erklärt Kriegs. Der Harpunenkopf ist knapp einen halben Meter lang. Beim Walfang führt die explosive Spitze den getroffenen Tieren schwere Verletzungen zu. Bei der Überführung waren das Münsteraner Polizeipräsidium, das Landeskriminalamt NRW, der Zoll und die niederländische Polizeibehörde involviert. „Ich hätte es nie für möglich gehalten, einmal Inhaber einer Waffenbesitzkarte zu werden“, sagt der ehemalige Zivildienstleistende.

Pottwalskelett

Ein 15 Meter langes Originalskelett eines Pottwals wird als Leihgabe in der Ausstellung im Bereich Lebensweise gezeigt. Das vom LWL-Museum geborgene, über 15 Meter lange Skelett eines gestrandeten Pottwals läßt dagegen noch auf sich warten. Eigentlich sollte der gigantische Walkörper, der im November 2011 vor der Nordseeinsel Pellworm strandete, als weiterer Höhepunkt bereits zu Ausstellungsbeginn gezeigt werden. „Die Präparation dieses riesigen Walkörpers hat mehr Zeit gekostet, als unsere Präparatoren angenommen haben“, berichtet Museumsdirektor Dr. Alfred Hendricks. „Wir rechnen damit, dass das Exponat Ende November fertiggestellt ist und dann endlich gezeigt werden kann“, so Hendricks weiter. Der Pottwal wird im Einstimmungssaal zu sehen sein.

Originalskelette

Bis auf wenige Ausnahmen sind in der Ausstellung ausschließlich Originalskelette zu sehen. Der Geologische Dienst Nordrhein-Westfalen steuerte eine wichtige Leihgabe eines fossilen Wals für die Schau bei. Weitere Leihgaben kamen zum Beispiel vom Deutschen Meeresmuseum in Stralsund, dem Überseemuseum in Bremen, dem Nordseemuseum Bremerhaven, dem Landesmuseum Natur und Mensch in Oldenburg, dem Museum für Naturkunde in Berlin und dem Natureum Niederelbe in Balje.

Riesen der Meere
Ausstellung bis 3. November 2013
im
LWL-Museum für Naturkunde
Sentruper Str. 285
48161 Münster
Telefon: 0251-591-05
Öffnungszeiten: Di-So 9.00-18.00 Uhr
Eintritt: Kinder 3,00 Euro, Erwachsene 5,50 Euro, Familien 12,00 Euro.
Wale – Riesen der Meere im LWL Museum für Naturkunde

Diese Nachricht basiert auf einer Pressemitteilung des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe.

Cover National Geographic Oktober 2012

In der Oktober-Ausgabe des Magazins National Geographic Deutschland finden Sie den Bericht von Siebo Heinken „Crittercam – Wale auf Sendung„, der den Einsatz von Crittercams durch die Wissenschaftler Greg Marshall und Ari Friedlaender beschreibt.