Deutsche Parteien zum Walfang

von Jan Herrmann | Parteien | Berlin | 10. März 2004

Der Bundestagsausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft hat heute eine Anhörung zum Schutz der Walbestände durchgeführt. Sie finden hier die Pressemitteilungen der Fraktionen der Regierungs- und Oppositionsparteien zum Walfang.

SPD – Walschutzanhörung bestätigt Regierungskurs

AG Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft
Logo der SPDDer Bundestagsausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft hat heute eine Anhörung zum Schutz der Walbestände durchgeführt. Hierzu erklärt die zuständige Berichterstatterin der SPD-Bundestagsfraktion, Gabriele Hiller-Ohm:

Die heutige Anhörung zum Schutz der Walbestände hat den Kurs der Koalitionsfraktionen und der Bundesregierung bestätigt. Im Moment gibt es keine Alternative zum derzeit geltenden Verbot des kommerziellen Walfangs. Weitere Forschungen über die Bestandsgrößen der Wale und den Zustand der Meere sind notwendig. Die Internationale Walfangkommission muss zu einer Walschutzkommission umgebaut werden. Den „wissenschaftlichen“ Walfang lehnen wir weiterhin ab. Es gibt keine andere wild lebende Säugetierart, deren Lebens- und Fressgewohnheiten erforscht werden, indem man eine so hohe Anzahl von Tieren tötet.

Die CDU/CSU zeigte in der Anhörung ihr wahres Gesicht: Die Unionsfraktionen haben nun ganz offensichtlich den langjährigen Konsens aller Fraktionen im Bundestag zum Schutz der Wale aufgegeben.

Bereits mit der Ablehnung eines Antrages von SPD, Grünen und FDP im letzten Jahr hatten die Unionsparteien Verwirrung ausgelöst. Die drei Fraktionen unterstützten in dem Antrag die Pläne der Bundesregierung, die Aussetzung des internationalen Walfanges zu verlängern. Jahrelang war es die einhellige Meinung aller Parteien im Bundestag gewesen, dass das derzeit geltende Verbot bestehen bleiben muss.

CDU/CSU begründeten die Ablehnung des Antrages mit dem Fehlen wissenschaftlicher Fakten. Dazu bedürfe es einer wissenschaftlichen und neutralen Diskussion im Rahmen einer Ausschussanhörung.

Die Wahl der Sachverständigen für die heutige Anhörung durch die CDU/CSU und erstaunlicherweise auch der FDP fiel auf einen Vertreter Islands, einen Vertreter Norwegens sowie einen Walfanghistoriker. Diese „neutralen“ Sachverständigen zeichneten in der Anhörung ein verzerrtes Bild von der Wirklichkeit. Wiederholt wurde allen Gegenargumenten zum Trotz auf der kulturellen und wirtschaftlichen Notwendigkeit des Walfangs beharrt.

Obwohl sich alle Sachverständigen einig waren, dass es kaum verlässliche Zahlen über die Walbestände in den Weltmeeren gibt, wurde von den Sachverständigen der Opposition die Bejagung einiger Bestände als unschädlich angesehen. Der Vertreter von Greenpeace äußerte Bedenken, dass eine nachhaltige Bewirtschaftung der Walbestände möglich sei, da dies derzeit noch nicht einmal bei den Fischbeständen sichergestellt sei.

Solche Bedenken wurden von den Sachverständigen der Opposition nicht geteilt. Der Vertreter Islands bezweifelte die demokratische Legitimation von Greenpeace und anderen Nichtregierungsorganisationen. Die SPD-Fraktion begrüßt das Engagement der Nichtregierungsorganisationen im Bereich des Walschutzes. Gerade sie haben bereits sehr frühzeitig auf die Gefährdung der Meere und ihrer großen Bewohner aufmerksam gemacht und für diese Themen sensibilisiert.

Die Anhörung hat gezeigt, dass es der CDU/CSU nicht um eine Versachlichung des Themas ging, sondern lediglich darum, das Engagement der Bundesregierung beim Walschutz zu diskreditieren.

Dies ist eine Pressemitteilung der SPD-Bundestagsfraktion

Bündnis 90/Die Grünen – Walbestände durch Meeresverschmutzung und Ölförderung bedroht – Auch künftig kein Platz für Walfang

Logo Bündnis 90 / Die GrünenZur heutigen Ausschussanhörung zum Schutz der Walbestände erklärt Cornelia Behm, Mitglied im Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft:

Mit Besorgnis haben wir heute zur Kenntnis genommen, dass es offensichtlich Ziel der CDU ist, den Walfang künftig wieder zu erlauben und das Internationale Walfangmoratorium in Frage zu stellen. Die Haltung Deutschlands spielt in der Internationalen Walfangkommission eine wichtige Rolle.

Noch erschreckender ist es, dass Walfangländer wie Norwegen, Island und Japan den Walfang vor allem deswegen wieder aufnehmen wollen, weil die Wale den Fisch fressen, den sie fangen wollen. Deswegen wollen sie die Bestände dieses Nahrungskonkurrenten vermindern. Bestandverminderung sollte aus ihrer Sicht Ziel eines Walbestandsmanagements sein. Um aber Walbestände ohne Risiko regulieren zu können, bräuchte man sichere Daten über ihre Entwicklung und eine genaue Kenntnis des Ökosystems Meer. Die Methoden zur Ermittlung der Walbestände beruhen aber auf Schätzungen und sind von daher unsicher. Darüber hinaus ist der Walfang nur einer der Faktoren, der die Walbestände beeinflusst. Hinzu kommen Meeresverschmutzung, Beifänge in der Fischerei, Klimawandel, Meeresverlärmung und die geringe Vermehrungsrate der Wale. Daher halten wir ein Bestandsmanagement für Wale, zumindest beim gegenwärtigen Erkenntnisstand über die ökologischen Zusammenhänge, für ein zu unsicheres Unterfangen, als dass man dafür das Walfangmoratorium aufgeben könnte.

Wie groß die Bedrohung der Walbestände durch Meeresverschmutzung und wie mangelhaft die Kenntnis über das Leben im Meer ist, zeigt das Beispiel der asiatischen Grauwale. Von dieser Art, die in den 70er Jahren als ausgestorben galt, gibt es nur noch etwa 100-150 Tiere. Das Hauptweidegebiet dieses Grauwals liegt vor Sachalin (Russland) im Pazifik. Gerade dort werden von Shell und Exxon Öl- und Gas gefördert. Ein größerer Ölunfall könnte nach Expertenmeinung das Aus für diesen Walbestand bedeuten. Eine hohe Gefährdung steht insbesondere deshalb zu befürchten, weil die Ölindustrie bisher wenig Erfahrung mit der Ölförderung in Gebieten mit einer dicken winterlichen Eisdecke hat. Da etwa 80 Prozent der Erlöse dieses Projektes aus der Gasgewinnung stammen, sollten Shell und Exxon die Ölförderung in diesem Gebiet dringend überdenken, bis die zugesagten Schutzmaßnahmen getroffen, von einer Gruppe anerkannter Walbiologen geprüft und für ausreichend befunden worden sind.

Dies ist eine Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

CDU/CSU – Für wirksamen Schutz der Wale kämpfen. Ideologische Resolutionen helfen nicht

Logo CDU/CSU FraktionAnlässlich der Anhörung ‚Schutz der Walbestände‘ des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft erklären der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Peter Harry Carstensen MdB, der Tierschutzbeauftragte Peter Bleser MdB, und die zuständige Berichterstatterin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Gitta Connemann MdB:

Auf Initiative der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wurde im Ausschuss Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft eine Öffentliche Anhörung zum Thema ‚Schutz der Walbestände‘ durchgeführt. Dabei wurde das Ziel der Versachlichung der bisher emotional geführten Debatte erreicht.

Die Anhörung renommierter Sachverständiger aus ganz Europa ergab, dass es nach wie vor Bestände wie z.B. beim Grauwal gibt, die vor jeder Bejagung geschützt werden müssen. Der Schutz der gefährdeten Walbestände steht außerhalb jeglicher Diskussion. Hier sind wir alle gefordert, den Schutz dieser Tiere auch für die Zukunft zu gewährleisten und zwar besser als bisher. Und da helfen keine ideologischen Resolutionen.

Die Position Deutschlands führt zur Verzögerung dringend notwendiger Maßnahmen u.a. gegen illegalen oder pseudowissenschaftlichen Walfang und erhielt deshalb von den Sachverständigen des IWC (Internationale Walfangkommission) keine gute Note. Im IWC muss der Wissenschaft wieder zum Durchbruch verholfen werden, wenn bedrohte Walbestände wirksam geschützt werden sollen.

Die Wissenschaftler stellten aber auch fest, dass es Bestände wie z.B. bei Zwergwalen gibt, die nicht gefährdet sind. In diesen Fällen können keine wissenschaftlichen Argumente gegen eine kontrollierte Bejagung angeführt werden.

Darüber müssen wir ehrlich und ernsthaft diskutieren. Schon ein Blick auf unsere europäischen Nachbarn wie Norwegen und Island zeigt, dass bei diesen nicht gefährdeten Beständen aufgrund von Tradition und Kultur auch andere Positionen vertreten werden können. Dazu gehört auch, dass eine nachhaltige Nutzung bei nicht gefährdeten Beständen auch bei Walen möglich sein muss.

Diese Argumente sind zu akzeptieren. Nur wenn alle aufeinander zugehen, kann es gelingen, die Blockade innerhalb des IWC zugunsten der Wale aufzubrechen.

Dies ist eine Pressemitteilung der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag

FDP – HAPPACH-KASAN: Walschutz differenziert betrachten

BERLIN. Zur Anhörung des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung, Landwirtschaft zum Thema „Schutz der Walbestände“ erklärt die Fischerei-Expertin der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Christel HAPPACH-KASAN:

Im Mittelpunkt des Walschutzes muss der Erhalt der wirklich vom Aussterben bedrohten Walarten stehen. Dies ist nach Auffassung der FDP das wichtigste Ergebnis der Anhörung zum Walschutz. Dies gilt insbesondere für den Westpazifischen Grauwal, dessen stark dezimierter Bestand akut durch die Verlegung von Pipelines gefährdet ist. Der Schweinswalbestand in der zentralen Ostsee umfasst ebenfalls nur wenige hundert Tiere. Als Bestand in einer Randlage befindet er sich in einer schwierigen Situation. Stress bewirken die starke Verschmutzung der Ostsee und möglicherweise auch der geringe Salzgehalt. Gesicherte Zahlen über anthropogene Schäden wurden nicht genannt. Andere Walarten wie Minkwale, Seywale und Finnwale sind nicht gefährdet und ihre Bestände wachsen.

Die FDP hat sich insbesondere für den Erhalt des Subsistenzwalfangs der indogenen Völker der Tschuktschen und Inuit eingesetzt. Für diese Völker sind die Wale existenzielle und ihre Kultur bestimmende Lebensgrundlage. Ähnliches trifft auch für die über 1000-jährige Tradition des Minkwal-Fangs der Norweger zu. Nach Auffassung der FDP sollte der Schutz der Wale die kulturellen Traditionen von Ländern, die in ihrer Existenz auf die Nutzung mariner Ressourcen angewiesen sind, einbinden. Dies gilt in besonderer Weise für Island und in geringerem Maß für Norwegen. Toleranz gegenüber kulturellen Traditionen gehört zum Wertekanon reicher Industrienationen.

Die FDP unterstützt Maßnahmen, die zur weiteren Erholung der Bestände führen, den Aufbau eines effektiven Kontrollsystems und fordert eine Einigung über ein internationales Inspektionssystem. In die zur Zeit ausschließlich publikumsorientierte Betrachtung des Walfangs müssen der Aspekt der Nachhaltigkeit in ökonomischer, ökologischer und sozialer Hinsicht, wie auch die Toleranz gegenüber unterschiedlichen Kulturen und Lebensweisen Eingang finden.

Dies ist eine Pressemitteilung der FDP-Bundestagsfraktion