Ist das Walfangverbot noch nötig?

von | | | 27. Januar 1999

Überblick über Geschichte und Status quo des Walfangs

Arnim Andreae
Vortrag am 27. Januar 1999 an der Tierärztlichen Hochschule Hannover in der „Alten Apotheke“

 

Zusammenfassung
Die Kontroverse könnte kaum größer sein und macht eine Annäherung der Standpunkte fast unmöglich: Während viele Walfanggegner Delphine und Wale schlicht als Sympathieträger ansehen, die zudem ein Synonym für die vom Aussterben bedrohte Tierwelt darstellen, schätzen die aktiven Walfangnationen die Großwale als nachwachsende Fleischlieferanten, die artgerecht leben und bei sachgerechtem Jagdmanagement nachhaltig genutzt werden sollten.

Einig, sind sich die Vertreter beide Seiten, daß die Bestände vieler Großwalarten aufgrund einer über mehrere Jahrzehnte verfehlten Walfangpolitik noch bis in das Jahr 1981 zum Teil dramatisch reduziert worden sind. Verantwortlich hierfür sind vornehmlich Entscheidungen der IWC (International Whaling Commission), die nach ihrer Gründung (1946) ausschließlich zwischen den Interessen der 17 Walfangnationen vermittelte. Verschiedene Management-Methoden, wie die 1966 eingeführten Blauwaleinheiten (BU), aber auch die 1975 eingeführte Einteilung in Bestandskategorien, die als New Management Procedure (NMP) die Bestände einzelner Arten in geschützte-, bedingt bejagbare und bejagbare einteilte, führten nur zur weiteren Abnahme der bejagten Arten.

Durch massive Kritik zahlreicher Umweltschutzorganisationen, der IUCN, aber vor allem durch die Stimmgewalt neuer IWC Mitglieder (zumeist „nichtwalfangender“ Nationen) konnte auf der Jahrestagung 1982 durch eine Dreiviertel-Mehrheit ein unbefristetes Walfangverbot erreicht werden, das seit 1985 umgesetzt wird. Ziel dieses Moratoriums sollte es sein, dass sich die dezimierten Walbestände erholen können, was durch umfassende, allerdings selbst für Insider schwierig durchzuführende Bestandszählungen, belegt werden sollte. Zeitgleich sollte ein neues (weiteres) Walfang-Management-System erarbeitet werden, womit eine dauerhafte, nachhaltige Nutzung der Bestände einzelner Walarten möglich sein soll.

Für den kleinsten der bislang nicht kommerziell bejagten Großwale, den Minke (Balaenoptera acutorostrata) gibt es nach Meinung einiger IWC Mitgliedsnationen (v.a. Norwegen u. Japan, aber auch Nicht-IWC-Mitglied Island) solide Bestandsschätzungen und anwendbare Managementsysteme. Tatsächlich findet sich, nach intensiven Zählungen, vor allem im Nordatlantik, kaum ein Wissenschaftler, der behaupten könnte, daß Zwergwale dort als Population gefährdet sind. Zudem hat sich, v.a. aus norwegischer Sicht die Tötungstechnik und damit die Tötungszeit weiter verbessert. Die etwa 40 norwegischen Fischer, die ausschließlich saisonal von ihrer Regierung exklusiv, allerdings am Moratorium vorbei, lizensiert mit kleinen Trawlern entlang der norwegischen Küste Zwergwalfang betreiben, sehen in dieser Art des Walfanges jedenfalls keine Gefahr für den Zwergwalbestand. Zudem halten sie den meist aus Mitteleuropa stammenden Walfanggegnern vor, sich Zuhause von Hühnern und Schweinen aus Intensivhaltungen zu ernähren.

 

Empfohlene Literatur

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