JadeWale besuchen SOS–Dolfijn in Harderwijk

von | MicHi | Wilhelmshaven | 3. Juni 2016

Seit März 2016 gibt es die Facebook-Gruppe JadeWale, in der die Mitglieder Bilder und Sichtungsbeschreibungen von Schweinswalen im Jadebusen austauschen. Nachdem Mitglieder dieser Gruppe an der vergeblichen Rettung eines gestrandeten Schweinswals beteiligt waren hat diese Gruppe das Rehabilitationszentrum von SOS-Dolfijn in Harderwijk besucht und hinter die Kulissen geschaut.
Lesen Sie hier den Bericht von MICHAEL HILLMANN.

Mitglieder der Facebook-Gruppe JadeWale beobachten Schweinswale bei Wilhelmshaven. Karte: Cetacea.de 2016 auf Basis von NordNordWest, CC-BY-SA 3.0

Klingt fast wie die Ankündigung zu einem Eishockey-Spiel, ist aber etwas ganz Anderes. JADEWALE ist eine Facebook-Gruppe, die vor rund zwei Monaten gegründet wurde. Hier soll allen Interessierten die Möglichkeit gegeben werden, Wildtierbeobachtungen und Fotos von Wildtieren von rund um den Jadebusen mit anderen zu teilen. Und gerade im Frühjahr bieten uns die Schweinswale ja fantastische Motive.

Zeitweise schwimmen sie so weit am Ufer im Alten Vorhafen, im Flut- / Nassauhafen und vor dem Fliegerdeich, dass man ihnen selbst in einem Delfinarium nicht näher kommen würde.

Die Gruppenmitglieder informieren sich untereinander über aktuelle Sichtungen und so stehen nicht selten etliche zusammen bei der Windsbraut oder auf der Flutmole, machen Fotos und fachsimpeln.

Vergebliche Rettung eines Schweinswals

Schweinswal am Fliegerdeich. Foto: M. Hillmann

Bei einem solchen Treffen berichtete Carene Friedrichsen aus Schortens über ihre Schweinswalrettung in Hooksiel. Dort fand sie Ende Februar die gestrandete Lene, die über die Seehundaufzuchtstation Norddeich zur SOS–Dolfijn-Station nach Haderwjik (Holland) kam. Leider konnte der kleine Schweinswal nicht gerettet werden.

Das Interesse, mehr über SOS – Dolfijn zu erfahren war groß. Man holte sich Informationen übers Internet und über Facebook: Stichting SOS Dolfijn. SOS Dolfijn ist ein sehr erfolgreiches Rehabilitationszentrum für gestrandete Schweinswale und Delfine. Carena nutzte ihren durch Lene zustande gekommenen persönlichen Kontakt zur Station und organisierte einen Besuchstermin.

SOS Dolfijn: Großer Einsatz, karge Unterstützung

Am 22. Mai ging es morgens los und nach drei Stunden Fahrt wurden Carena Friedrichsen, Kurt Bernert und Michael Hillmann von der Tierpflegerin Annemarie van den Berg und ihrem Assistenten Robert herzlich in Empfang genommen. Nach einem Small Talk mit Kaffee und Tee berichtete Annemarie über die Entstehung und den Werdegang von SOS – Dolfijn und der ungewissen Zukunft.

Alles nahm seinen Anfang, als man dem Delfinarium in Haderwjik ein gestrandetes Tier brachte. Nach dem Motto: „Du hast hier Meeressäuger, dann kümmere dich auch mal um den hier.“ Man handelte und das sprach sich rum. Man lernte hinzu und wurde professionell. Doch dann blieb die Unterstützung des Delfinariums aus. Die Rettungsstation befindet sich zwar noch auf dem Gelände des Delfinariums, hat aber mit diesem nichts zu tun.

SOS-Dolfijn – Station: Foto: Michael Hillmann

Die Finanzierung nur aus Spenden und Sponsorengeldern gestaltet sich schwer und so ist eine wünschenswerte räumliche Trennung von SOS – Dolfijn vom Delfinarium kaum realisierbar. Es ist nicht einmal möglich, sicher auf den Fortbestand im nächsten Jahr zu blicken.

Annemarie kommt jetzt in ihren Ausführungen zu den Aufgabenbereichen von SOS – Dolfijn. Das fängt bei der Bergung von Tieren an, geht über den Transport, über die medizinische Betreuung, die Pflege und das Aufpäppeln bis zum Entlassen in die Freiheit. Wenn möglich. Die Logistik ist nur für Tiere bis drei Metern ausgelegt.

Über das Schicksal größerer Tiere entscheidet die Regierung des Landes. So bleibt manchmal nur eine schwere Entscheidung vor Ort als Lösung. Aber auch hier hat man Methoden zum tiergerechten, ruhigen Einschläfern. Die medizinische Ausrüstung der Auffangstation geht vom Ultraschallgerät über Kamerasysteme bis zum Röntgengerät.

Das Krankenhaus in der Stadt bietet sogar die Möglichkeit von MRT-Untersuchungen. Das Aufpäppeln wird zum Glück von vielen Freiwilligen / Ehrenamtlichen unterstützt. Ist es doch manchmal nötig, dass man ein Tier auf dem Arm liegend durchs Wasser ziehen muss, tagelang, 24 Stunden rund um die Uhr.

Annemarie, Kurt und Michael unterhalten sich über die Gefahren durch „Strandgut“ wie Fischernetze, Schüre, Luftballone, Plastiktüten usw. Foto: Carena Friedrichsen

Eine weitere Aufgabe sieht SOS – Dolfijn in der Aufklärungsarbeit. Mit Ständen auf Stadtfesten, Vorträgen in Schulen usw. machen sie die Bevölkerung überhaupt erst einmal darauf aufmerksam, dass wir Wale und Delfine in der Nordsee haben. Und nicht nur die hier heimischen Schweinswale. Über Streifen- und Weißschnauzendelfinen bis hin zum Pottwal kommen noch so manch andere zum Kurzbesuch. In der Forschung arbeitet SOS – Dolfijn eng mit anderen Instituten und Organisationen zusammen, wie z. B. der Uni Rotterdam und dem FTZ in Büsum.

Die Rehabilitationsstation

Dann geht es endlich in den Beobachtungsraum der Reha-Station. Allein um hier hinein zu dürfen, müssen schon die Schuhe desinfiziert werden. Direkt zu den Walen dürfen wir nicht. Zu groß wäre die Gefahr, die Tiere mit irgendetwas zu infizieren. Aber von hier oben aus dem Beobachtungsraum hat man, stellenweise über Spiegel, Einsicht in jede Ecke der beiden vorhandenen Reha-Becken.

Im Becken gerade vor uns toben die Schweinswale Nena und Sven. Die sehen schon wieder richtig fit aus. Es ist toll jetzt auch das zu erleben, was sich unter Wasser abspielt. Wir sehen bei unseren Beobachtungen in der freien Natur ja immer nur diese kurzen Auftauchmomente.

Als krönenden Abschluss sollen wir von hier aus jetzt die Fütterung miterleben, doch daraus wird nichts. Ein Telefon klingelt, plötzlich sind alle etwas aufgeregt und wir müssen abbrechen. Walstrandung bei Lauwersoog, Nord Holland.

Während Annemarie uns verabschiedet, treffen Helfer notwendige Vorbereitungen. Der speziell ausgerüstete Einsatzwagen startet . . .

Und wir machen uns, randvoll mit beeindruckenden Erlebnissen und viel neuem Wissen, auf den Weg zurück nach Wilhelmshaven. Wir drei sind uns einig: „SOS – Dolfijn macht einen verdammt guten Job und hat Unterstützung verdient.“

Schweinswal bei SOS Dolfijn. Foto Kurt Bernert

Am nächsten Tag erfuhren wir, dass es sich bei dem geborgenen Tier um ein junges Schweinswalmännchen handelte. Es wurde „Jos“ getauft, ist abgemagert und krank. Er bekam umgehend Medikamente und wurde fünf Stunden durch das Wasser getragen. Dann fing Jos wieder aus eigener Kraft an zu schwimmen. Das sind gute Voraussetzungen, aber es wird noch ein langer Weg, mit teuren Medikamenten bis zu seiner Genesung. Wir wünschen Jos „gute Besserung“ und SOS – Dolfijn viele Unterstützer.

Mehr über den Autoren Michael Hillmann erfahren Sie auf seiner Homepage. Herzlichen Dank auch an Carena Friedrichsen und Kurt Bernert für die Verwendung der Photographien.

Links zum Bericht