NABU informiert im Internet über Schäden durch Altmunition in Nord- und Ostsee

von | NABU | Bonn | 13. November 2007

Zwischen 400.000 und 1,3 Millionen Tonnen Munition werden als gefährliches Erbe zweier Weltkriege am Grund von Nord- und Ostsee vermutet. Auf einem ganztägigen Symposium von NABU, Gesellschaft zur Rettung der Delphine GRD und Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere GSM über neue Methoden zur Munitionsbeseitigung in Nord- und Ostsee hatten Experten am 19. Oktober 2007 in Kiel bestätigt, dass eine schadlose Beseitigung von Rüstungsaltlasten im Meer auch ohne Sprengung möglich ist. Zusammenfassungen der Vorträge und Präsentationen einschließlich der Ergebnisse der Diskussion sind jetzt unter www.NABU-Meeresschutz.de zu finden.

Damit steht Interessierten erstmals im Internet ein umfassendes Informationsangebot über Umweltauswirkungen von Altmunition im Meer und deren umweltfreundliche Beseitigung zur Verfügung.Ergänzt wird die Darstellung um spezielle Informationen und Fragestellungen zur Rüstungsaltlast *Kolberger Heide" in der Kieler Außenförde.

Wissenschaftler und Experten kamen beim Symposium zu folgenden Ergebnissen: Im Munitionsversenkungsgebiet *Kolberger Heide" in der Kieler Außenförde wurden 130 Großsprengkörper gefunden, jedoch 8.000 Torpedo-Sprengköpfe und 10.000 Seeminen versenkt. Der Verbleib der fehlenden Munition ist unklar. Möglicherweise wurden Teile von Baggergut bedeckt. Gesicherte Erkenntnisse über Bezünderung und Art des Sprengstoffs in der aufgefundenen Altmunition liegen nicht vor. Historische Quellen geben Hinweise auf vorhandene chemische Kampfstoffmunition. Eine umfassende technische Erkundung vor Ort und historische Aufarbeitung alter Quellen ist dringend erforderlich, um mehr Informationen über Lagerstätten in der Ostsee zu bekommen.

Da in europäischen Küstengewässern große Mengen Altmunition vorhanden sind, müssen für Mensch und Umwelt ungefährliche, Emissionen vollständig vermeidende und effiziente Verfahren zur Handhabung von Altmunition entwickelt und angewendet werden. Mehrere Unternehmen, darunter drei aus Schleswig-Holstein, stellten auf dem Symposium neue Methoden zur Sicherung, Hebung und schadfreien Beseitigung von Munition im Meer vor. Diese Verfahren können situationsabhängig in Kombination miteinander sowohl den hohen sicherheitstechnischen wie umweltrelevanten Erfordernissen gerecht werden.

Mit Blick auf die durch die Altlasten-Beseitigung drohenden Gefahren für Mensch und Natur forderten Toxikologen in Kiel ein umfassendes Bio-Monitoring bezüglich des Anreicherungspotentials in der Nahrungskette (z. B. in Miesmuscheln) und im Sediment. Bislang vorliegende Untersuchungsergebnisse seien methodenbedingt nicht geeignet, die Gefährdungssituation realitätsnah abzubilden.

Die bei Sprengungen entstehende Druckwelle und der Schalldruck können höhere Organismen wie Meeressäugetiere und Fische verletzen oder töten. In einem Radius von vier Kilometern ist eine Sprengung für Schweinswale tödlich. Hörschäden können bei Meeressäugetieren noch in über 30 Kilometern Entfernung auftreten. Schätzungen des Innenministeriums zur tödlichen Wirkung auf Taucher und Badende bestätigten dies.

Das Innenministerium hat nach eigenen Angaben auf dem Symposium wesentliche neue Erkenntnisse gewonnen, die zuvor bestehende und verbreitete Vorbehalte widerlegt haben. GSM, GRD und NABU fordern auf der Basis der Ergebnisse des Symposiums die für die Beseitigung von Rüstungsaltlasten im Meer zuständigen Landesregierungen wie das als Geldgeber fungierende Bundesverkehrsministerium auf, den neuen Wissenstand zu nutzen, um sich bei der Munitionsbeseitigung im Meer neu zu orientieren und neue Standards festzusetzen. Sprengungen im Meer sind aus Sicht der Verbände unnötig und müssen zur absoluten Ausnahme werden!


Dies ist eine gemeinsame Pressemitteilung von NABU, Gesellschaft zur Rettung der Delphine e.V. und Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere e.V.