Ostsee-Schweinswal bleibt hoch bedroht

von | nabu,grd,gsm | Neumünster, München, Quickborn | 28. November 2008

NABU, GSM und GRD begrüßen Handlungsangebot des Landes Schleswig-Holstein. Fischer sollen mit Pingern ausgestattet werden.

Springender Schweinwal bei Fredericia, Kleiner Belt DK. Quelle: obs/Ulrik Ramsing/Dt. Umwelthilfe
Springender Schweinwal bei Fredericia, Kleiner Belt DK. Quelle: obs/Ulrik Ramsing/Dt. Umwelthilfe

Obwohl heute kein Fischer mehr einen Schweinswal fangen will, ist die fischereiliche Todesrate der Kleinen Tümmler, wie die Wale mit der stumpfen Schnauze auch heißen, oft viel zu hoch. Und obwohl es weder an Gesetzen zum Schutz der bedrohten Meeressäugetiere, noch an politischem Willen fehlt, werden die Überlebenschancen für den einzigen in der Ostsee heimischen Wal immer schlechter. Ende November sind bei der Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere (GSM) für 2008 bereits 50 Schweinswalkadaver gemeldet worden – ein deutlicher Anstieg, der Anlass zu großer Sorge gibt.

In der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage im Kieler Landtag zum Schweinswalschutz dokumentiert das zuständige MLUR die Gefahren für den Schweinswal in der Ostsee, aber auch das deutliche Wissensdefizit, das im zuständigen Ministerium MLUR über die Bedrohungssituation besteht. „Die aktuellen Zahlen für 2008 an der Ostsee tot gefundener Schweinswale deuten schon jetzt auf einen neuen, traurigen Rekord hin“, erklärt Hans-Jürgen Schütte, der das GSM-Sichtungsprojekt betreut. Bereits 15 Kadaver mehr als im Vergleichszeitraum 2007 wurden der GSM bislang gemeldet. Insgesamt wurden 2007 an der deutschen Ostseeküste 175 Schweinswale gefunden. Allein an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste waren es 2007 schon mehr als doppelt so viele tote Wale wie 2006.

Die Todesursachen sind nach Auswertungen der GSM fast immer auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen. Der sensible Lebensraum Ostsee ist zu einer viel befahrenen Schifffahrtstrasse und einem Abwasserkanal für Industrie und Landwirtschaft verkommen. „Die Ausbeutung von Bodenschätzen wie Kies und Sand, Öl und Erdgas sowie Kriegsaltlasten und militärische Übungen machen den Lebensraum Ostsee für Schweinswale offensichtlich zur Hölle“, kritisiert Hermann Schultz vom NABU. Akute Wissensdefizite bestehen im MLUR u.a. bei der Zahl der in schleswig-holsteinischen Küstengewässern der Ostsee ausgebrachten Stellnetzen, aber auch darin, wie sich die umfangreichen, mit lautem Sonar und „Geo-Sparkern“ durchgeführten Baugrunduntersuchungen im Fehmarnbelt wie auch eine mögliche Änderung des Wasseraustausches durch eine Brücke auf die kleinen Wale auswirken können.

Als Todesursache Nr. 1 hat schon 2002 das Kleinwal-Abkommen ASCOBANS in seinem Rettungsplan („Jastarnia-Plan“) die Fischerei identifiziert. „Als „Beifang“ sterben derzeit mehr Wale, als geboren werden“, sagt die GSM-Meeresbiologin Petra Deimer. Das kann auf Dauer kein Bestand verkraften.“ Deshalb rät der Jastarnia-Plan u.a. zur Umrüstung in der Fischerei auf ungefährlichere Fangtechniken, etwa auf Langleinen und Fischreusen. Würden die ASCOBANS-Mitgliedsstaaten den Jastarnia Plan tatsächlich – wie zugesagt – anwenden, könnte der Kleine Tümmler vermutlich gerettet werden. „Von einem effektiven Schutz des Schweinswals sind wir aber meilenweit entfernt“, erklärt Ulrich Karlowski von der GRD. „Wir begrüßen daher, dass das MLUR nun in einem ersten Schritt angekündigt hat, auf Initiative der Naturschutzverbände mit GSM, GRD und NABU ein Projekt zu starten, um Fischer zur Vertreibung von Schweinswalen von Stellnetzstandorten mit „Pingern“ auszustatten.“ Denn fast sieben Jahre nach Inkrafttreten des Rettungsplans verharren bislang fast alle Fischereistaaten in stoischem Nichtstun. Schlimmer noch: Anstatt Rettungsmaßnahmen in Angriff zu nehmen, verschließen Politik und Behörden die Augen.

Im vorigen Jahr wurde der GSM das Foto eines an den Strand gespülten Schweinswals geschickt, dem ein Ziegelstein an die Schwanzflosse gebunden war. Der Grund: Der Kadaver sollte möglichst erst stark verwest an den Strand treiben, um verräterische Zeichen des Beifangs, Netzmarken auf der Haut, nicht erkennbar werden zu lassen. Erst vor wenigen Tagen wurde auch dem NABU ein Schweinswalfund gemeldet. Auch hier deutet alles darauf hin, dass die Todesursache vertuscht werden sollte, zumal das tote Tier an Land geschleppt worden sein muss. Immerhin: Das MLUR erkennt nunmehr auch offiziell indirekt an, dass mit der derzeitigen Fischerei ein großes Problem für den Schweinswal besteht.

Dies ist eine gemeinsame Pressemitteilung der Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere GSM e.V. , des Naturschutzbund Deutschland NABU und der Gesellschaft zur Rettung der Delphine GRD.
Herzlichen Dank an die Deutsche Umwelthilfe, DUH, für die Verwendung der Abbildung.
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