Wie Walforscher werden?

Tiermedizin- oder Biologiestudium zur Arbeit mit Delphinen ?

Kim stellte 26.1.2001 folgende Frage per E-Mail:

Obwohl ich von Haus aus nur mit Pferden/Hunden zu tun habe, habe ich genauso grosses Interesse an Walen und Delphinen. Ich wuerde mich sehr gerne an Projekten aktiv beteiligen und ueberlege nun schon lange, inwieweit man diesen Wunsch mit dem Studium der Tiermedizin vereinbaren kann. Mir wurde bereits gesagt, dafuer waeren mehr die Meeresbiologen zustaendig?

Antwort von cetacea.de:

Grundsätzlich ist es möglich, von der Tiermedizin aus eine wissenschaftliche Karriere zu starten, die Cetaceen als thematischen Inhalt hat. Biologie- und Tiermedizin-Studiengänge unterscheiden sich allerdings in ein paar wesentlichen Punkten und Du hast je nach Studium unterschiedliche Startvoraussetzungen.

Als Tiermedizinerin hast Du durch Deine Ausbildung Vorteile in den Fachbereichen Anatomie und Pathologie, je nach eigenen Schwerpunkten auch in der Virologie oder Parasitologie.

Bei den populären Gebieten Ethologie oder Populationsbiologie hast Du als Tierärztin in der Regel nur unzureichende Kenntnisse und Erfahrungen. Da können die Biologen – je nach Studium – besser ausgebildet sein. Der Meeressäuger-Anteil bei der Ausbildung zum Meeresbiologen ist in Deutschland allerdings relativ gering, so dass man durch eigene Schwerpunktwahl bei Kursen und Übungen sein Hauptinteressengebiet im Auge behalten muss. Einen Überblick über die Möglichkeiten in Deutschland Meeresbiologie zu studieren erhältst Du bei der Deutschen Gesellschaft für Meeresforschung. Meines Wissens bieten die Uni BremenIFM Geomar (Uni Kiel), Uni Rostock (Uni Wien) Ausbildungen und Studiengänge im Bereich der Meeresbiologie an. Die Uni Kiel und die Uni Odense bieten einen internationalen Masterstudiengang Biological Oceanography an.

Das bedeutet, dass sich die Tierärzte vor allem mit toten, gestrandeten Walen beschäftigen, etwa Ursachenforschung betreiben oder versuchen Massenepidemien aufzuklären. Ein paar wenige haben kurativ mit lebendigen Kleinwalen in Delphinarien, „Swim-with-Dolphin“ Programmen oder „Dolphin Assisted Therapy“ zu tun.

Allerdings kann man sich als naturwissenschaftlich gut ausgebildeter Tierarzt auch einige andere Gebiete erschliessen. Das hat aber fast immer mit privater Fortbildung zu tun, denn es gibt in keiner deutschen veterinärmedizinischen Fakultät eine Meeressäuger spezifische Ausbildung (wenn man mal von unserer kleinen Vortragsreihe absieht;-)).

Für eine eventuelle Beschäftigung mit Walen gibt es zwei europäische Fachgesellschaften in der die europäischen Meeressäuger-Experten organisiert sind:

  • European Cetacean Society ECS
    Eine Gesellschaft mit etwa 500 Mitgliedern, die sich eher mit wildlebenden Meeressäugern beschäftigt. Es gibt jährliche Konferenzen, auf denen man sich über Forschungsergebnisse austauscht, sich kennenlernt (und nach Möglichkeiten fragen kann, mitzuarbeiten)http://www.europeancetaceansociety.eu/ecs/
  • European Association for Aquatic Mammals EAAM
    Diese Gesellschaft beschäftigt sich in erster Linie mit gefangen gehaltenen Meeressäugern und trifft sich auch einmal im Jahr zu einer Konferenz.
    http://www.EAAM.org/

Es gibt einige Überschneidungen zwischen den beiden Gesellschaften.

Die grösste Organisation auf diesem Gebiet ist die Society for Marine Mammalogy SMM. Diese Gesellschaft gibt die Fachzeitschrift „Marine Mammal Science“ heraus. Die Mitglieder und andere Walforscher treffen sich alle zwei Jahre zu einer grossen Konferenz.http://www.marinemammalogy.org/

Ein sehr wichtiger Service dieser Organisation sind die „Strategies for Pursuing a Career in Marine Mammal Science“. Darin findest Du wesentliche Tips für eine Ausbildung und professionelle Beschäftigung mit Meeressäugern.http://www.marinemammalogy.org/strat.htm

Auf der Website des von vielen Buchveröffentlichungen bekannten Zoologen Mark Carwardine findet sich ebenfalls ein Text mit Hilfestellungen: Looking for a career with wildlife or in conservation?

Die britische Sea Mammal Research Unit, die an der schottischen St. Andrews Universität untergebracht ist, gehört zu den wichtigsten Forschungseinrichtungen in Sachen Meeressäuger. Auch dort ist ein Career Guide zu finden, der sich mit seinen Empfehlungen schon an Schüler richtet, dabei allerdings vor allem das britische Schulsystem betrachtet. Eine wichtige Grundlage sei hier schon zitiert:

„Meeressäugerspezialisten werden wegen Ihrer wissenschaftlichen Qualifikation angestellt, nicht weil sie Meeressäuger mögen oder mit ihnen arbeiten wollen. ”

Keine Gewähr für Vollständigkeit,
© Jan Herrmann (2005)

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