Wale und DNA

von | | | 28. Juli 2004

Analyse von DNA – das Mengenproblem

In dem oberen Kapitel ist hoffentlich verständlich gemacht worden, dass genomische Merkmale prinzipiell zur Identifizierung von Spezies oder Individuen herangezogen werden können. Wenden wir uns nun der praktischen Durchführung zu. Es bedarf keiner zusätzlichen Erklärung, dass man zur Analyse von DNA diese zunächst einmal gewinnen muss. Dies ist ausgehend von Gewebe- oder Blutproben (In der Kriminalistik reichen sogar Speichel- oder Spermareste aus) heute mit Hilfe verschiedenster Methoden auch relativ einfach zu bewerkstelligen. Ein wesentlicher Faktor stellt hierbei die Ausbeute der aufgereinigten DNA dar. Dazu einige Rechenexempel: Betrachten wir einmal allein die chromosomale DNA einer Zelle ohne die der Mitochondrien. Diese umfasst bei Säugetieren, wie bereits oben erwähnt, rund 6 Milliarden Basenpaare. Die reine DNA wiegt dabei ca. 6,6 Picogramm was sage und schreibe gerade mal 6,6 Billiardstel Gramm sind. Nimmt man die gesamte DNA der Zelle, inklusive der Mitochondrien und anderen extrachromosomalen Elementen, so kommen wir auf rund 15 Picogramm.

Um mit modernen Methoden wie die der DNA-Fluoreszenzanalyse die Sequenz eines sagen wir mal 400 Basenpaar großen chromosomalen DNA-Fragmentes von Interesse zu bestimmen oder die Größe des Fragmentes (wichtig zur Bestimmung der Sequenzwiederholungen) mit Hilfe des Verfahrens der Gelelektrophorese festzustellen (siehe unten), benötigt man allerdings in der Regel einige Hundert Nanogramm, also einige Hundert Milliardstel Gramm, was dem Laien bestimmt als ungeheuer geringe Menge anmutet. Dabei muss man allerdings berücksichtigen, dass die zu analysierenden 400 Basenpaare nur ca. 67 Milliardstel des Gesamtgenoms von 6 Milliarden Basenpaaren pro Zelle repräsentieren. Das wiederum bedeutet, dass pro Zelle nur ca. 4,4 x 10-19 Gramm dieses Fragmentes vorhanden sind, was 440 Billiardstel eines Milliardstel Gramms entspricht. Um nun die für vernünftige Analysen erforderliche Menge (um die Rechnung zu vereinfachen) von 440 Nanogramm isolieren zu können, benötige ich also eine Billiarde Zellen, was je nach Zelltyp einem Nassgewicht in der Größenordnung von einem bis mehreren Kilogramm an Gewebe entspricht. Dabei wird sogar von einer 100%-igen Ausbeute an DNA bei der Isolierung ausgegangen, was der Realität bei weitem nicht entspricht, und von anderen Schwierigkeiten bei der direkten Analyse kurzer Abschnitte aus dem Gesamtgenom ist hier noch gar nicht gesprochen worden.

Ich möchte die LeserInnen auch nicht vollends verwirren, aber ich denke, es ist klar geworden, dass die erforderliche Menge an Gewebe für solche Analysen kaum ohne eine schwere Verwundung des betroffenen Tieres zu erhalten wäre. Tatsächlich beträgt im konkreten Fall der Wale die Ausbeute an Gesamt-DNA gerade mal die lächerliche Menge von ungefähr einem Mikrogramm (Millionstel Gramm) pro Gramm Hautgewebe oder Blubber (persönliche Mitteilung Professor Steve Palumbi, Harvard Universität, Cambridge, USA).