Die frühen Urwale Indopakistans

von Johannes Albers | cetacea.de | Essen | 25. Juli 2010

Ein Überblick über die wichtigsten Formen und ihre Erforschung

von JOHANNES ALBERS (letzte Änderung: 25.07.2010 )

Charles Darwin meinte: Ein Bär, der mit aufgesperrtem Maul schwimmt, um Insekten zu fangen, könnte ein einleuchtender Ausgangspunkt für die Entwicklung der Wale sein. Dafür erntete er den Spott seiner Zeit. Genauso großen Spott würde dieselbe Behauptung heute erzeugen. Aber unter völlig veränderten Vorzeichen.

Kapitelübersicht:

  1. Entstehung der Wale
  2. Klärung eines Puzzles
  3. Spur der Zähne zum ältesten Wal
  4. Pakicetus und seine Erforschungsgeschichte
  5. Ambulocetus, eine amphibisch lebende Übergangsform
  6. Frühe Protocetidae: Artiocetus und Rodhocetus
  7. Indocetus und die Remingtonocetidae
  8. Vater, Mutter und Kind: Maiacetus inuus
  9. Der Rüsselwal: Makaracetus bidens
  10. Die weitere Entwicklung
  11. LITERATUR
  12. Druckversion (PDF; 6,5 MB)
Originalskelett des <i>Ambulocetus natans</i>
Das Originalskelett des Ambulocetus natans, mit Hammer zum Größenvergleich. Abgüsse dieses amphibischen Wals sind im Naturmuseum Senckenberg in Frankfurt am Main ausgestellt.
Bildquelle: Thewissen

Einführung: Die Entstehung der Wale

Anhand fossiler Belege lässt sich die Entstehung der Wale heute bis in die Zeit vor etwa 53,5 Millionen Jahren (frühes Eozän) zurückverfolgen. In Nordindien und Pakistan macht man seit den 70er Jahren bedeutsame Funde, an denen man die Entwicklung Schritt für Schritt beobachten kann. Sie vollzog sich zu der Zeit, als der Kontinent Indien gerade, aus südlicher Richtung durch das Tethysmeer kommend, auf Asien gestoßen war.(1) Dabei bildeten sich zwischen beiden Landmassen zunächst flache Rand- und abgeschlossene Restbecken der Tethys. Das ist bei einem warmen Klima die Welt, in der vierbeinige Landsäuger zu Walen wurden. Der Zusammenprall der Kontinente führte schließlich zur Erhebung des Himalayagebirges.

Genauso aufregend wie die Evolution selbst ist ihre Erforschung. Das zeigte sich im September 2001, als die beiden bedeutendsten Urwalforscher der Gegenwart zeitgleich neue, spektakuläre Funde aus Pakistan vorstellten: Der gebürtige Niederländer Johannes Thewissen und der Amerikaner Philip Gingerich publizierten mit ihren Arbeitsgruppen in den führenden Wissenschaftsmagazinen Nature(2) und Science(3). Beide Forschungsarbeiten legen ihre Gewichte in dieselbe Waagschale einer kontrovers diskutierten Frage: Von welchen Tieren stammen die Wale ab?