Die grotesken Walrosswale von Peru: Odobenocetops

von Johannes Albers | cetacea.de | Essen | 16. September 2012

Zeitgenossen: Meeresfaultiere

In der gleichen Gegend und zur selben Zeit wie Odobenocetops lebten auch Vierbeiner von ähnlicher Eigentümlichkeit: Faultiere, die im Meer schwammen und sich wohl von Seegras oder Tang ernährten. Auch sie haben das Pliozän nicht überlebt. Man kennt eine Gattung mit fünf Arten:

Thalassocnus antiquus, 2003 beschrieben, trat bereits im späten Miozän in der Sacaco-Gegend auf und fraß womöglich noch am Strand. Er war kleiner und zierlicher als der etwas jüngere

MUSEUMSADRESSE
IN KARLSRUHE

Staatliches Museum
für Naturkunde

Museum am Friedrichsplatz
Erbprinzenstraße 13
76133 Karlsruhe
(geöffnet Di-Fr: 9.30-17 Uhr.
Sa-So: 10-18 Uhr)
Telefon: 0721/ 175-2111
Fax: 0721/ 175-2110
E-Mail:
museum@naturkunde…
Internet:
www.naturkundemus…

Das Museum besitzt nicht nur Odobenocetops-Schädel und Material von Thalassocnus, sondern hat einen ganzen Ausstellungsbereich mit Walfunden der Pisco-Formation.

Herrn Prof. Dr. Eberhard („Dino“) Frey gebührt mein herzlicher Dank für den freundlich gewährten Zugang zu den Originalschädeln von Odobenocetops.

Thalassocnus natans aus dem spätesten Miozän. Er wurde 1995 als Typusart der Gattung aus der Süd-Sacaco-Gegend beschrieben. Damals glaubte man noch, das Tier sei erst im Pliozän erschienen. Auch hier zeigen sich Anklänge an Seekühe mit einer vermutlich starken Lippe und etwas nach unten abgebogenen Prämaxillae. Um beim Fressen den Kopf am Grund zu halten, führte der ins Wasser aufragende Schwanz wohl kräftige Bewegungen aus.

Thalassocnus littoralis erschien im frühsten Pliozän, aus dem auch Odobenocetops peruvianus stammt. Diese Form wurde 2002 beschrieben, nachdem man schon bei der Einführung der Gattung 1995 vermutet hatte, dass nicht alle geborgenen Funde von der gleichen Art stammen.

Thalassocnus carolomartini, ebenfalls 2002 beschrieben, lebte am Übergang vom frühen zum späten Pliozän und zeigt am Schädel eine größere Anpassung an das Meeresleben. Ähnlich ist

Thalassocnus yaucensis, 2004 als pliozäne Spätform beschrieben. Die beiden letzten Arten haben eine weiter verlängerte Schnauze und fraßen wohl in größerer Tiefe als die früheren Arten. Dann verschwindet die Gattung.

In antarktischen Gefilden verschwindet auch der frühpliozäne Delphin Australodelphis mirus, der mit einem langen, aber zahnlosen Maul wohl Tintenfische aufsaugte. Wie die Meeresfaultiere und die Walrosswale wirkt er auf uns heute kurios und bizarr. Aber all diese Tiere waren offenbar an ganz bestimmte Verhältnisse angepasst, die sich im Verlauf des Pliozäns änderten. Noch viele Rätsel umhüllen ihre Gestalt, ihr Leben und ihre Geschichte. Aber sie bringen Fachleute wie Laien zum Staunen und demonstrieren wieder einmal die unausschöpfliche Experimentierfreudigkeit der Natur, mit der das Leben selbst alle Nischen zu erobern sucht.