66. Tagung der Internationalen Walfangkommission (IWC) in Portoroz (Slowenien), 24. – 28. Oktober 2016: Ergebnisse und Kommentare

von JOHANNES ALBERS | cetacea.de | Essen | 29. Oktober 2016

Das Ringen zwischen Walschützern und Walfängern war dieses Jahr mit besonderer Symbolkraft geladen, da die IWC ein doppeltes Jubiläum feierte: Vor 70 Jahren entstand die Internationale Konvention zur Regulierung des Walfangs (ICRW), als deren Organ die IWC fungiert. Seit 30 Jahren hat die IWC kommerziellen Walfang durch ein weltweites Moratorium vorläufig verboten. Heute sind 89 IWC-Mitgliedsländer unterschiedlicher Meinung, welchen Kurs die Walpolitik weiter nehmen soll.

Walschutzgebiet Südatlantik

Der Antrag auf ein Schutzgebiet zwischen der Antarktis und dem Äquator konnte sich wie in früheren Jahren nicht durchsetzen. Er hätte eine Dreiviertelmehrheit gebraucht, bekam aber nur 38 Ja-Stimmen bei 24 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen. Die übrigen Länder nahmen nicht an der Abstimmung teil. Alle in der IWC vertretenen Anrainerstaaten des beantragten Gebietes waren dafür. Widerstand kam aus karibischen und afrikanischen Staaten, die für ihre Pro-Walfang-Position Geld aus Japan erhalten.

Diskutiert wird dieses Schutzgebiet schon seit 1998. Dass es auch schneller gehen könnte, zeigte während der IWC-Tagung die parallel laufende Konferenz über die Konvention zum Schutz lebender antarktischer Meeresressourcen (CCAMLR): Sie einigte sich auf ein seit 2012 kontrovers diskutiertes Schutzgebiet im antarktischen Rossmeer, wo die Fischerei für zunächst 35 Jahre verboten wird. Kommerzielle Waljagd ist in der gesamten Antarktis bereits durch ein Schutzgebiet der IWC verboten. Diesen Schutz unterläuft Japan aber, wie das Moratorium, durch „wissenschaftlichen“ Walfang.

Wissenschaftlicher Walfang

Das Recht einzelner Länder auf Walfang zu wissenschaftlichen Zwecken ist in der ICRW von 1946 verankert und kann von der IWC nicht einfach aufgehoben werden. Aber 2014 hat der Internationale Gerichtshof Japans damaligen „Forschungsfang“ in der Antarktis verurteilt: Die Wissenschaft diente nur als Vorwand für kommerziell motivierte Waljagd. Daraufhin startete Japan in der Saison 2015/16 ein verändertes Programm namens NEWREP-A und tötete bislang 333 Antarktische Zwergwale.

Die IWC verabschiedete nun eine Resolution über ein Prüfverfahren für jegliche wissenschaftlichen Walfangprogramme. Dazu richtet sie eine neue Arbeitsgruppe ein. Japan als „Forschungswilliger“ muss alle Daten offenlegen und darf am Prüfverfahren nur als Beobachter teilnehmen. Es kann seinen Walfang nicht mehr eigenmächtig als wissenschaftlich notwendig einstufen. Die Resolution wurde von Australien und Neuseeland eingebracht und erhielt 34 Ja-Stimmen, 17 Nein-Stimmen und 10 Enthaltungen. Ihre praktische Auswirkung auf den Walfang Japans bleibt abzuwarten.

Japans Küstenwalfang

Auch im Nordpazifik betreibt Japan „wissenschaftlichen“ Walfang. Es möchte dort aber seit langer Zeit einen „Küstenwalfang“ mit offen kommerziellen Zügen genehmigt bekommen. Er soll eine neue Kategorie von Walfang sein, die trotz des Moratoriums praktiziert werden soll. Dieser Plan stößt bei der IWC immer wieder auf Ablehnung. Die weitere Diskussion darüber wurde nun auf 2018 vertagt.

Handel mit Walprodukten

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Im Rahmen der IWC-Tagung wiesen Umweltschutzgruppen darauf hin, dass Norwegen und Island Produkte aus ihrem Walfang in explodierendem Ausmaß exportieren. Beide Länder sind aufgrund von Einspruchsklauseln nicht an das Moratorium gebunden. Der Großteil der Exportware geht nach Japan. Internationaler Walhandel ist zwar durch das Washingtoner Artenschutz-Übereinkommen verboten, aber auch dort nutzen Norwegen, Island und Japan entsprechende Vorbehaltsklauseln aus. Die EU rief ihre skandinavischen Nachbarstaaten nun auf, die Exporte von Walprodukten sofort einzustellen.

Walfleisch zur Welternährung

Ghana, Guinea, Mali, Benin und die Elfenbeinküste hatten wie 2014 einen Resolutionstext entworfen, der Walfleisch als wichtig zur Hungerbekämpfung darstellen wollte. Er kam wie 2014 nicht zur Entscheidung, sondern die Sache wird bis zur nächsten IWC-Konferenz im Jahre 2018 vertagt.

Quecksilber

Da sich in Walen Quecksilber anreichert, ist der Walfleischverzehr oft mit Gesundheitsrisiken für Menschen verbunden. Brasilien, Uruguay und Kolumbien griffen die Problematik in einer Resolution über die Minamata-Konvention auf. Ihre Vorlage wurde mit 38 zu 23 Stimmen angenommen, nachdem Kritiker eingewandt hatten, die IWC sei nicht für Fragen menschlicher Gesundheit da.

Wale ökologisch wichtig

Chile brachte mit 36 zu 16 Stimmen bei 9 Enthaltungen eine Resolution durch, die den Wert von Walen für das Ökosystem des Meeres herausstellt. Wale bedrohen z.B. nicht die Fischbestände, wie von Walfängern oft behauptet wurde: Sie fördern durch ihre Nährstoff-Einträge in den Ozean das Planktonwachstum und damit gesunde Fischpopulationen. Sie sorgen auch für die Speicherung von Kohlenstoff und helfen so, den Klimawandel zu bremsen. Darum ist Walschutz auch Menschenschutz.

Westpazifische Grauwale

Für den Schutz der stark bedrohten Grauwal-Population im Westpazifik waren 2014 Russland, Japan und die USA eine Kooperation eingegangen. Ihr traten nun auch Südkorea und Mexiko bei, das ein Arealstaat der ostpazifischen Grauwal-Population ist und daher über Grauwal-Expertise verfügt. Für die Grauwal-Kooperation arbeitet die IWC mit dem Weltnaturschutz-Verband IUCN zusammen.

Vaquitas

Vom Kalifornischen Schweinswal oder Vaquita in Mexiko sollen nur noch 59 Tiere leben. Um die Rettung der Art voranzutreiben, brachten die USA einen Resolutionsentwurf mit, ohne die 90 Tage Vorlauffrist einzuhalten, die bei der IWC gefordert ist. Deshalb versuchte Japan, die Initiative der USA abzuwürgen. Dagegen wandte sich jedoch Österreich. Schließlich wurde die Resolution per Konsens angenommen, wobei Japan und seine Verbündeten sich von diesem Konsens ausnahmen.

Kleinwal-Forschung

Ein Sondertopf zur Finanzierung von Forschung für den Schutz von Kleinwalen war in den letzten Jahren mit freiwilligen Beiträgen aus Großbritannien, den Niederlanden, der Schweiz und Italien gefüllt worden. Auch Nichtregierungsorganisationen hatten Geld gegeben. Sie stellten nun zusammen mit Italien und den Niederlanden weitere Mittel in Höhe von 22.000 britischen Pfund zur Verfügung.

Beifang

Eine neue IWC-Initiative will den unbeabsichtigten Fang von Walen und Delfinen in Fischereigerät bekämpfen. Dazu wird eine Expertengruppe eingerichtet, die langfristig arbeiten soll. Für diese Arbeit stellten Nichtregierungsorganisationen über 6.000 Pfund bereit. Weitere 15.000 Pfund kommen von der britischen Regierung für diese Beifang-Initiative und ein Arbeitsprojekt zum Whale Watching.

Geldtopf für arme Mitglieder

Kambodscha, Ghana und Japan trugen eine Resolution vor, nach der ein neuer Geldtopf für arme Mitgliedsländer der IWC eingerichtet werden soll, damit sie bessere Möglichkeiten bekommen, auch zwischen den Haupttagungen der IWC an Arbeitstreffen und Workshops teilzunehmen. In dem Entwurf sehen Walschützer einen Versuch Japans, seine eigenen Kassen zu schonen, aus denen Entwicklungsländer unterstützt werden, die im Gegenzug Japans Walfanginteressen verfechten. In geänderter Form wurde die Resolution mit 30 Stimmen angenommen, freilich bei 31 Enthaltungen.

Reform der IWC

Per Konsens verabschiedete die IWC eine Resolution, dass sie ihre eigenen Strukturen einer externen Begutachtung unterziehen will. Ziel ist eine Modernisierung und Verbesserung der Effektivität der IWC. Eingebracht wurde die Resolution von Australien, Neuseeland und den USA. Erste Ergebnisse der Begutachtung sollen in einem Jahr vorgelegt werden, die Endergebnisse bis zum 1. März 2018. Nach den beiden Tagungen in Portoroz 2014 und 2016 findet die nächste IWC-Konferenz 2018 dann in Brasilien statt. Der IWC-Vorsitz geht von dem Schweizer Mainini auf den Japaner Morishita über.

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