Bericht vom Ostfriesischen Meeressäugertag

von | cetacea.de | Wittmund | 21. Juni 2009

Mit der Volkshochschule zu den Walen und Robben Ostfrieslands

Es ist nicht unbedingt so, dass sich einem der Gedanke an „Whale Watching“ aufdrängt, wenn man an Orte wie Neuharlingersiel oder Spiekeroog denkt. Schon eher sieht man die Seehunde auf den Sandbänken der eigenen Phantasie liegen. Diese haben es zwar als Logo auf zahlreiche touristische Publikationen geschafft, aber das Wissen um diese faszinierenden Meeressäuger scheint auf dem Weg ins Landesinnere schon nach wenigen hundert Metern rasant abzunehmen.


Soweit also zum Ansporn, einen ganzen Tag zu unseren heimischen Meeressäugern zu gestalten. Das soll nun nicht nach strenger Lehrmeisterei klingen. Der Spaß an der Beschäftigung mit den Meeressäugern steht bei diesem Projekt klar im Vordergrund. Ich kann versprechen, dass keiner der Teilnehmer des VHS Kurses „Wale und Robben in Ostfriesland“ an eine Schulbank gefesselt wurde oder Zahnformeln abgefragt wurde.

Die Cetacea.de Besucher sind nun eingeladen, den Ausflug zu den Robben und Walen Ostfrieslands lesend noch einmal zu begleiten.

Ein Bus sammelte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer noch vor acht Uhr in Esens, Wittmund und Jever ein. Obwohl einigen Ausflüglern die Uhrzeit im Gesicht stand, bekamen sie statt Kaffee und Croissant Informationen zur Insel Spiekeroog gereicht. Zumindest die Kinder erfreuten sich dann an kleinen Ratespielen und Informationen über die Seehunde.

Mit Wissen über Tagesablauf, Robben und die Insel Spiekeroog gefüttert, wechselten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Neuharlingersiel das Gefährt. An der frischen Luft bekam jeder ein kleines geheimnisvolles, zusammengefaltete Stück Papier überreicht. Das entfaltete Papier entpuppte sich als ein „Forscherbrief“ mit Gedanken zum Leben der Seehunde.

Insgesamt drei dieser Forscherbriefe dienten dazu den Tag “einzurahmen“ und wichtige Informationen auch in schriftlicher Form bereitzuhalten. Sie sollten – im Darwin-Jahr 2009 – eine Erinnerung an die Wissenschaftskommunikation im 19. Jahhundert sein. Es gab zu dieser Zeit zwar auch Wissenschaftskonferenzen und Publikationen, aber eine wissenschaftliche Korrespondenz wie sie z.B. Darwin mit seinen mehr als 15000 geschriebenen und empfangenen Briefen geführt hat, spielt heute kaum noch eine Rolle.

Mit Betreten der „Gorch Fock“ zogen am Himmel einige dunkle Wolken auf, was Sorgen bei denen verursachte, die Regenkleidung für unnützen Ballast gehalten haben. Der Kapitän Willi Jacobs sorgte aber für gute Stimmung und Optimismus, als er seinen Kutter aus dem Hafen steuerte.

Der Seegang nahm zu und der Nieselregen wurde in seiner Nässe von der einen oder anderen Gischt unterstützt, die sich über das Schiff verteilte. Nachdem die Sonne einige Zeit mit den Wolken gespielt hatte, verzog sich der Regen und die Gorch Fock brachte das kleine Forschungsnetz aus.

Die Kinder erwiesen sich immer wieder als erstklassige „Katalysatoren“ für Gespräche. Direkt angesprochene Erwachsene reagieren oft scheu. Spricht man Kinder an und erklärt Ihnen etwas, dauert es nicht lange bis eine große Traube Erwachsener um die Kinder herumsteht und den Erzählungen und Erklärungen lauscht.

Mit kleinen Wal- und Robbenmodellen, Photos und Karten zog ich auf dem Boot umher und erzählte aus dem Jahr der Seehunde, vom Schweinswalvorkommen oder über den enormen Schiffsverkehr in der Nordsee.

Der eingeholte Fang wurde in einen Bottich voll mit Seewasser entleert. Willi Jacobs’ Sohn zog zielsicher Krabben, kleine Fische und Muschelschalen aus dem Fang. Er führte Garnelen, Strandkrabben, Schwimmkrabben, Steinpicker, Schollen, Seezungen und weitere Wattenmeerbewohner vor und erläuterte Entwicklungsstadien und Lebensweise. Das Leben im Wattenmeer bekam Gestalt.

Als wir uns den Seehunden näherten, besserte sich das Wetter schlagartig. Die Sonne brach durch und beleuchtete die Szenen auf der Langeooger Ostplate. Vorsichtig bugsierte Willi Jacobs seinen Kutter vor dem Strand entlang, ohne dass Unruhe bei den Tieren aufkam. Einige Seehunde schwammen um den Kutter herum und inspizierten das Schiff.

Seehunde tanken Sonne

Mit diesen Eindrücken ging es dann Richtung Spiekeroog. Vom Hafen liefen wir Richtung Wittbülten, dem Umweltzentrum der Insel. Die Gespräche auf dem Weg drehten sich um das maximale Alter von Walen und wie man dieses feststellen kann. Um den Walfang und die Gefahren des Schiffsverkehrs für Wale. Auf der Aussichtsdüne überblickten wir die Insel, und warfen einen Blick auf die Frachtschiffautobahn im Norden der Insel. Hier fahren täglich mehrere hundert Frachter entlang und sorgen für den Austausch von Wirtschaftsgütern. Für Meeresbewohner bleibt hier nicht viel Platz. Wenn diese aus der offenen Nordsee Richtung Insel schwimmen wollen, wird es ihnen nicht anders gehen, als jemandem, der eine stark befahrene Straße überqueren möchte.

Containerschiff-Autobahn vor den ostfriesischen Inseln

Im Umweltzentrum Wittbülten gab es dann einen Vortrag zu weiteren Walen und „Irrgästen“ in der Nordsee. Die Regionen des Pottwalskeletts dienten als Ankerpunkte für Erklärungen zur Anpassung der Wale an den Lebensraum Meer.

Das Pottwalskelett

Gegen Mittag waren dann die festen Programmpunkte erledigt und einige Teilnehmer verabschiedeten sich, um die grüne Insel auf eigene Faust zu erkunden. Der Rest begleitete mich und so wurden beim Spaziergang über die Insel, durch die Dünen und den Strand entlang sowohl allerlei Themen aus der Welt der Wale als auch zum Lebensraum Watt und zur Insel Spiekeroog angesprochen.

Ein Kormoran trocknet sein Gefieder

Am frühen Abend wartete Willi Jacobs am Hafen und lud alle Exkursionsteilnehmer wieder auf’s Boot. Einige tauschten sich über die Erlebnisse auf der Insel aus, anderen war aber schon die Müdigkeit nach einem langen Tag anzusehen. Diese genossen einfach nur den Blick auf die See und die Sonne und Brise Wind im Gesicht.

Im Bus allerdings wurde die von einigen ersehnte Ruhe doch wieder durchbrochen. Der Tag wurde mit einem Quiz beschlossen. Die Kinder bekamen Poster geschenkt und es wurden noch Prospekte von Walschutzorganisationen und Informationen über den bedrohten Ostseeschweinswal verteilt.

Dieser Artikel erschien in Fluke Ausgabe April 2010.

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