Das Lachen der Schwertwale (Orcinus orca)

von Nicola Rehn | WuM | Hannover | 19. Januar 2011

Neue Erkenntnisse aus der Welt der Schwertwal-Kommunikation

Dipl.-Biol. Nicola Rehn
Hamburg

Vortrag am 19. Januar 2011 an der Tierärztlichen Hochschule Hannover in der „Alten Apotheke“

Zusammenfassung

Schwertwale. Bild: Nicola Rehn

Schwertwale haben ein ausgeklügeltes akustisches Kommunikationssystem mit Klicks, Pfiffen und Rufen entwickelt. Wie diese sozialen Tiere miteinander kommunizieren, wird seit Jahrzehnten erforscht. Studien haben ergeben, dass Schwertwale ihre gruppenspezifischen stereotypen Rufe erlernen müssen.

Residente Schwertwale leben in stabilen sozialen Familiengruppen, die Matrilinien genannt werden. Das Oberhaupt dieser Matrilinie ist ein weibliches Tier. Männliche und weibliche Nachkommen bleiben ein Leben lang in ihrer matrilinearen Gruppe. In der Matrilinie erlernen Nachkommen das Rufrepertoire von ihrer Mutter und anderen Gruppenmitgliedern. Oft können verschiedene Matrilinien regelmäßig zusammen wandernd beobachtet werden. Diese Zusammenschlüsse werden als Pods bezeichnet. Jeder Pod verfügt über einen eigenen Dialekt, der sich aus 7-17 stereotypen Rufen zusammensetzt. Pods mit ähnlichem Rufrepertoire werden in akustischen Clans zusammengefasst. Unterschiedliche akustische Clans teilen sich keine stereotypen Rufe.

Studien an dem Kommunikationssystem von Schwertwalen haben ergeben, dass sie stereotype Rufe abgeben, wenn sie über größere Distanzen Kontakt zu anderen Gruppenmitgliedern halten wollen. Dies ändert sich jedoch mit dem Sozialverhalten in nächster Nähe. Im Nahkontakt, wenn die Tiere miteinander interagieren, spielen oder sexuelle Interaktionen stattfinden werden auch extrem variable Rufe abgegeben.

Im Nordpazifik gibt es drei unterschiedliche Ökotypen von Schwertwalen: Resident, Transient und Offshore. Diese unterscheiden sich durch ihr Aussehen, ihre Verhaltensweisen und ihre Ernährungsweise.

In unserer Studie haben wir die Rufe von unterschiedlichen Ökotypen und Populationen von Schwertwalen von der Küste Russlands bis zur Küste Nordamerikas miteinander verglichen. Aktuelle Studien weisen daraufhin, dass die genetischen Unterschiede zwischen den Ökotypen so groß sind, dass Wissenschaftler mittlerweile diskutieren, ob es sich um unterschiedliche Arten bzw. Unterarten handelt.

Die unterschiedlichen Ökotypen und Populationen von Schwertwalen teilen sich keine Rufe. Jedoch konnten wir die Ausnahme von dieser Regel finden. Ein variabler Ruf der bisher nur bei den residenten Schwertwalen vor Vancouver Island dokumentiert wurde, der sogenannte V4 oder „excitement“ Ruf, konnte in allen Lautaufnahmen der untersuchten Ökotypen und Populationen nachgewiesen werden. Menschen kommunizieren sowohl mit erlernter Sprache als auch mit angeborenen Signalen, wie Lachen und Weinen. Lachen ist ein äußerst variables Signal, jedoch kann jeder Mensch egal aus welchem kulturellen Kreis er kommt und welche Sprache er spricht, dieses Signal deuten. Schwertwale sind äußerst soziale Tiere und es ist durchaus möglich, dass sie ebenfalls mit erlernten und angeborenen Signalen kommunizieren. Das der V4 Ruf von allen untersuchten Ökotypen und Populationen benutzt wird, die nicht sozial miteinander interagieren, weist darauf hin, dass er nicht wie die anderen gruppenspezifischen stereotypen Rufe erlernt wird, sondern angeboren ist. Dieser Ruf spielt bei allen Populationen besonders während engen Sozialkontakten eine Rolle und es wird vermutet, dass er Motivation und Erregung ausdrückt.

Empfohlene Literatur

DEECKE, V. B., L. G. BARRETT-LENNARD, P. SPONG UND J. K. B. FORD (2010):
The structure of stereotyped calls reflects kinship and social affiliation in resident killer whales (Orcinus orca).
Naturwissenschaften 97: 513-18.

PARSONS, K. M., I. I. I. BALCOMB, K. C., J. K. B. FORD UND J. W. DURBAN (2009):
The social dynamics of southern resident killer whales and conservation implications for this endangered population.
Animal Behaviour 77: 963–71.

REHN, N., O. A. FILATOVA, J. W. DURBAN UND A. D. FOOTE (2010):
Cross-cultural and cross-ecotype production of a killer whale ‘excitement’ call suggests universality.
Naturwissenschaften

Links

KASTILAN, S. (2010):
Das Lachen der Killerwale
FAZ, 29.11.2010