Die arktische Fischerei, wie sie von der Weser aus betrieben wurde.

von | | | 19. August 2013

Buchbesprechung von Johannes Albers

Ahlers (1988/1911): Die arktische Fischerei, wie sie von der Weser aus betrieben wurde.
Ahlers (1988/1911): Die arktische Fischerei, wie sie von der Weser aus betrieben wurde.

Bernhard Ahlers (1988/1911):
Die arktische Fischerei, wie sie von der Weser aus betrieben wurde.
Bremen-Vegesack 1988 (1911).
DIN–A–5-Format, 1 + 39 Seiten. Einband biegsame Pappe, Klammerheftung. Herausgegeben vom und verkauft beim Heimat- und Museumsverein für Vegesack und Umgebung e.V., Im Dorfe 3 – 5, 28757 Bremen
Tel. 0421 – 62 34 32
Fax 0421 – 69 63 95 22
E-Mail: post (bei) museum-schloss-schoenebeck.de
Internet:www.museum-schloss-schoenebeck.de.
Preis: 2 Euro.

Die vorliegende Schrift von Bernhard Ahlers geht auf einen Vortrag des Autors vor über hundert Jahren zurück: Im Februar 1911 war Ahlers im heutigen Bremen-Nord Mitbegründer des Heimatvereins für Vegesack, Kreis Blumenthal und Umgegend. Er hielt damals einen Vortrag, den er auch in (sicher erweiterter)Schriftform vorlegte. Eine Neuausgabe dieser Schrift durch den inzwischen leicht umbenannten Verein erschien im Februar 1988 und wird bis heute als Heft zum Kauf angeboten. Dabei erklärt das Vorwort von 1988, die ursprüngliche Einleitung sei etwas gekürzt worden. Dem Vorwort folgen 39 Seiten Text. Dabei lassen sich kleine Schwächen und Ungereimtheiten in der Gliederung mit dem Ursprung als mündlichem Vortrag erklären und verzeihen.

Dass es trotz des Titels („Fischerei“) nicht um Fischfang geht, sondern um die Jagd auf Meeressäuger, verrät das Heft von 1988 auch dem Unkundigen durch sein Titelbild, das eine Walfangszene zeigt. Allerdings sind dort Pottwale abgebildet. Folglich handelt es sich nicht um ein Bild aus der arktischen Jagd, die den alleinigen Inhalt des Heftes ausmacht, sondern um ein Bild aus der sogenannten Südseefischerei, die von der Weser aus in weit stärkerem Maße betrieben wurde als etwa von der Elbe aus. Das unpassende Bild stört aber nur den Sachkundigen. Dem Laien macht es gut deutlich, dass es in dem Heft um den Walfang zur Zeit der Segelschiffe geht. Und keinem anderen Zweck soll das Bild dienen.

Im Inneren verzichtet das Heft auf Abbildungen und ermöglicht dadurch seinen niedrigen Preis. Es ist also keine anschauliche Erstinformation über die Waljagd früherer Jahrhunderte, womöglich für Kinder. Vielmehr spricht das Heft Vorgebildete an, die sich für Details über den arktischen Walfang unter den Flaggen Bremens, Oldenburgs oder Hannovers interessieren. Zwar erstrebt das Heft keine lückenlose Chronik wie etwa die Werke Wanda Oesaus über die „Grönlandfahrt“ Hamburgs und Schleswig-Holsteins. Aber für den Preis von nur zwei Euro bietet es eine bemerkenswerte Dichte an Informationen mit Namen und Daten. Das Papier des Heftes eignet sich gut zur Anbringung von Randnotizen mit Bleistift.

Ahlers charakterisiert den Walfang im nordatlantischen Eismeer während des 17. – 19. Jahrhunderts und schildert, wie die Waljagd schließlich mangels Beute immer mehr durch Robbenfang ersetzt wurde. Er nennt Schiffe und ihre Kommandeure und verfolgt das Auf und Ab der Fangunternehmen im wechselvollen Verlauf der Geschichte. Immer wieder stellt er Heimatbezüge her, indem er z.B. heraushebt, aus welchen Weserorten Schiffe und Männer kamen. Aus der Ahlers-Schrift bediente sich 1937 ausgiebig Albrecht Janssen in seinem Buch „Tausend Jahre deutscher Walfang“. Wo Janssen aber den Bericht eines von Ahlers befragten Seemanns in hochdeutscher Übertragung wiedergibt, findet man bei Ahlers selbst anderthalb Seiten lang den Bericht in seiner ursprünglichen plattdeutschen Sprache. Damit kommt auch der heutige Leser den alten „Grönlandfahrern“ spürbar nahe, notfalls mit Janssens Übertragung als Hilfestellung.

Ahlers ist an den Menschen interessiert, Zoologie ist nicht sein Fach. Das zeigt sich besonders in der Abhandlung arktischer Robben, wo er S. 28 über die „Klappmütze Phoca barbatahispida?“ schreibt. Diese Formulierung vermischt Klappmütze, Bartrobbe und Ringelrobbe miteinander. Demgegenüber weiß der Autor sehr genau zwischen Kommandeuren gleichen Familiennamens zu unterscheiden und kennt ihre verwandtschaftlichen Beziehungen. Er bringt den Arktisfahrern Bewunderung und Hochachtung entgegen. Von ihnen übernimmt er den Begriff „Segen“ für die Jagdbeute, der letztere als ein Geschenk Gottes erscheinen lässt. Völlig unvermittelt tritt daneben eine andere Perspektive: „Ohne Bedacht hat der Mensch gemordet; er hat durch die sinnlose Ausbeutung des Meeres dieses teilweise entvölkert“ (S. 13). Das noch unverbundene Nebeneinander dieser gegensätzlichen Sichtweisen ist geistesgeschichtlich interessant.

Verkauft wird das Heft im Domizil des Heimat- und Museumsvereins für Vegesack und Umgebung, nämlich im Museum Schloss Schönebeck in Bremen-Schönebeck. Besprochen wurde es hier für Cetacea.de von einem Einwohner Essen-Schönebecks, der von klein auf mit Walthemen verbunden ist. Auch sein Familienname Albers, im Nordwesten Deutschlands weit verbreitet, findet sich in der Bremer Walfanggeschichte wieder.

Literatur

Festschrift – 100 Jahre Heimat- und Museumsverein für Vegesack und Umgebung e.V., 1911 – 2011. Bremen 2011.

Albrecht Janssen: Tausend Jahre deutscher Walfang. Leipzig 1937.

Wanda Oesau: Hamburgs Grönlandfahrt auf Walfischfang und Robbenschlag vom 17. – 19. Jahrhundert. Glückstadt und Hamburg 1955.

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