Douglas Adams und Mark Carwardine (1991): Die Letzten ihrer Art.

von Jan Herrmann | | | 23. November 2001

ADAMS, D. und M. CARWARDINE (1991): Die Letzten ihrer Art. Eine Reise zu den aussterbenden Tieren unserer Erde. Deutsch von Sven Böttcher. 270 Seiten. Rogner & Bernhard, Hamburg. EUR 14,90, ISBN: 3-8077-0256-3 oder als Taschenbuch bei Heyne, München (1992) für EUR 8,95, ISBN: 3-4530-6115-2
ADAMS, D. und M. CARWARDINE (1991): Die Letzten ihrer Art. Eine Reise zu den aussterbenden Tieren unserer Erde.
Deutsch von Sven Böttcher. 270 Seiten. Rogner & Bernhard, Hamburg. EUR 14,90, ISBN: 3-8077-0256-3
oder als Taschenbuch bei Heyne, München (1992) für EUR 8,95, ISBN: 3-4530-6115-2

Buchbesprechung von JAN HERRMANN

Ich kann Buchhändler verstehen, wenn sie mit diesem Buch in der Hand ratlos durch ihren Laden irren, weil sie sich nicht entscheiden können, welches das richtige Regal sei. Gehört es in die Abteilung für Reiseliteratur, oder ist es ein Tierbuch? Ich habe das Buch sogar schon in Science Fiction Abteilungen von Buchhandlungen erspäht. Dort hat es allerdings nichts zu suchen, auch wenn Douglas Adams durch seine sehr spezielle Art Science Fiction („Per Anhalter durch die Galaxis“) bekannt geworden ist. „Die letzten ihrer Art“ ist auch kein Walebuch, hat aber dank eines Kapitels über den chinesischen Flussdelphin einen Platz bei den Buchbesprechungen von Cetacea.de verdient.

In den Jahren 1985 bis 1989 haben der Bestsellerautor Douglas Adams und der Zoologe Mark Carwardine gemeinsam mehrere Reisen zu besonderen Orten in Afrika, Asien und Ozeanien unternommen und dabei Plätze besucht, an denen Menschen versuchen, vom Aussterben bedrohte Tierarten zu schützen und zu erhalten. Die Aufgabenverteilung beschreibt Adams so:

„Die Idee, uns alle so überstürzt ins gleiche Boot zu werfen, stammte von der Magazinbeilage des Observer. Mark ist ein ungemein erfahrener und bewanderter Zoologe, der damals für den World Wildlife Fund arbeitete und dessen Aufgabe im wesentlichen darin bestand, von allem eine Ahnung zu haben. Meine Aufgabe – eine, für die ich absolut qualifiziert bin – bestand darin, ein ungemein unwissender Nicht-Zoologe zu sein, für den alles wie aus heiterem Himmel zu kommen hatte“

So reisen die beiden begleitet von einem Team der BBC von Ort zu Ort, suchen Breitmaulnashörner, photographieren Berggorilla-Exkremente, plagen sich mit Moskitonetzen oder bestaunen das Aye-Aye. Adams beschreibt in seiner erfrischenden, unbefangenen Art die Begegnungen mit Menschen und Tieren, Carwardine liefert die zoologischen Fakten. Wir begeben uns jetzt zielstrebig auf die Seite 181, auf der das Kapitel über den chinesischen Flußdelphin beginnt.

Auf 42 Seiten beschreibt Douglas Adams unter dem Titel „Blinde Panik“ den Aufenthalt in China. Dort will sich das britische Team über den chinesische Flußdelphin Baiji, Lipotes vexillifer und die Maßnahmen informieren, die zum Schutz der letzten Exemplare (Mittlerweile unter 50) durchgeführt werden. Die Reise beginnt in Peking. Fahrräder bestimmen das Bild auf den Straßen. An einer Kreuzung erlebt Adams wie sich aus allen vier Richtungenen zusammenströmende Fahrradmassen aneinander vorbeibewegen, ohne dass es zu Verletzungen kommt. Er versucht die Fahrradorientierung zu analysieren und erkennt, das die Fahrradklingel eine besondere, fast magische Bedeutung im Straßenverkehr zu haben scheint. Ohne es richtig zu bemerken, erfährt der Leser an dieser Stelle, welche Bedeutung das Hören für die Orientierung haben kann.

In Nanking, der ersten Station am Chang Jiang, versuchen Douglas Adams und der BBC Tontechniker Chris mit Hilfe eines selbstgebastelten Unterwassermikrophons einen akustischen Blick in den Lebensraum der Baijis zu werfen. Sie sind schockiert. Auf dem Tonband ist ein pausenloses Getöse von Motoren, Winden und Schrauben zu hören. Wie soll ein Tier, das sich mit fast funktionslos gewordenen Augen nur noch akustisch orientieren kann, in so einem akustischen Schmutzbad einen Fisch fangen?

Später treffen Sie den prominenten chinesischen Baiji-Forscher Prof. Zhou Kaya von der Nanking Normal University, der Ihnen Informationen über die Erforschung und die bedrohliche Situation des Baiji gibt. Er spricht über das Schutzgebiet, das für den Baiji geschaffen worden ist. Mit diesen Informationen gerüstet geht die Reise weiter nach Tongling. Dort wird ihnen Baiji Bier, ein Baiji Hotel, Baiji Schuhe oder Baiji Cola geboten. Die Baiji Stadt macht ihnen Hoffnung. Ein Ausflug auf’s Wasser verläuft allerdings fast erwartungsgemäß ohne Sichtung eines Baiji.

Douglas Adams auf Little Barrier Island. Photo aus „Die Letzten Ihrer Art"
Douglas Adams auf Little Barrier Island. Photo aus „Die Letzten Ihrer Art“

Dieses Buch macht Spaß. Man mag es kaum zur Seite legen, um sich Dingen des normalen Lebens zu widmen. Wer über die Geschichten des Buches hinaus auch Sinn für ausgefeilte Sprache hat, dem mag das Buch (im Original naturgemäss noch mehr) zusätzliche Freude bereiten. Denn genau das, was Douglas Adams an seinem Vorbild P.G. Wodehouse so schätzt: die Musik der Wörter, das findet sich auch bei Adams wieder. Er beobachtet die einfachen Abstraktheiten des täglichen Lebens und beschreibt einen Alexandersittich genauso herzlich wie eine Gruppe Missionare, mit denen er das Flugzeug teilen durfte. Dank der kompetenten Einflussnahme durch Mark Carwardine werden auf diesem Wege eine ganze Menge zoologische Kenntnisse vermittelt. Ganz nebenbei, erfährt der Leser von der Erforschungsgeschichte des Baiji, seiner Biologie und den Bedrohungen, denen er ausgesetzt ist. Das Buch liest sich als amüsanter Reisebericht. Aber man legt es nicht zur Seite, um mit dem nächsten Tagesordnungspunkt fortzufahren. Man ist in der Tat sensibilisiert für die Umstände, die dazu geführt haben, dass es so oft heisst: Das sind die letzten ihrer Art. Douglas Adams hat dazu bei seinem letzten Auftritt gesagt:

Zeichnung eines Baiji von Douglas Adams.
Zeichnung eines Baiji
von Douglas Adams.

„Though it’s about a serious subject, there’s all sorts of ways of dealing with it,“ he said. „I’ve always felt the worst way to alert people to these kinds of issues is to bang them around the head with it. If you bang people around their heads, they’re liable to put their heads somewhere else. It’s much better to entertain the hell out of them, if you can, and leave them to figure it out themselves.“

In öffentlichen Buchbesprechungen bei amazon oder dooyoo findet man immer mal wieder einzelne Stimmen von Menschen, die dem Buch fehlende Seriosität vorwerfen. Wer grundsätzlich nicht bereit ist, diesen unterhaltenden Weg zu gehen, um sich mit so einem Thema zu beschäftigen, der sei hiermit gewarnt. Ich teile diese Ansicht nicht.

Am 11. Mai 2001 ist Douglas Adams im Alter von 49 Jahren an eine Herzinfarkt verstorben. Sein Buch Last Chance to See hat er als sein wichtigstes und liebstes bezeichnet. Er ist nicht müde geworden, Geschichten aus Last Chance to see vermengt mit seinen Ideen zum Umgang mit der Welt bei Vorträgen vorzustellen. Sein Engagement für die bedrohte Tierwelt liess ihn zu einem Patron der Dian Fossey Gorilla Fund und der Save the Rhino Foundation werden.

Fazit Das Fazit für dieses Buch fällt kurz und knapp aus. Hilf Deinem Buchhändler und nimm das Buch -aus welchem Regal auch immer – heraus und mit nach Hause (Zahlen nicht vergessen).

Links Adams, Douglas: Douglas Adams: Parrots, the Universe and Everything (talk at UCSB; 87 min., RealPlayer)

Broach, Matt:
The Baiji dolphin Information Site

Hoard, Donald W. und Stefanie Wachter:
In Search of the Baiji: An Adventure in China 

Massicot, Paul:
Animal Info – Baiji

Suddes, Gareth:
Another Chance To See
Ein sehr empfohlener Link! Gareth bemüht sich, in seinem Blog, den aktuellen Status der Tierarten zu dokumentieren, die Douglas Adams and Mark Carwardine besucht haben.

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