Auf Whale Watching mit Espaço Talassa
von Ulrike
Als wir bei strahlendstem Wetter auf Faial landen, ist die Vorfreude, endlich wieder Wale zu sehen, groß. Auf der Fähre nach Pico halten wir schon einmal Ausschau nach ihnen – man kann nie wissen, wo ein Wal auftaucht. Noch am gleichen Tag buchen wir bei Espaço Talassa unsere Wahlbeobachtungstouren. Doch erst einmal durchkreuzt das unbeständige Azorenwetter alle Pläne. Es regnet fast drei Tage am Stück. Danach hüllt sich Pico in Wolken und das Meer zeigt sich diesig und wild.
In der BOCA (Walbeobachtungsbasis) herrscht Frust bei den Walfreunden. Die Skipper machen nachdenkliche Gesichter. Unsere ungeduldigen Fragen nach der Wetterprognose stoßen auf Unverständnis: Auf den Azoren wagt man nur ungern Prognosen. Statt dessen gibt es eine umfassende Einführung in die Meereswelt der Azoren. Mit Video und Vortrag werden wir mit den dort lebenden Walen vertraut gemacht.
Am nächsten Tag geht es endlich los. Mit dem voll besetzten Zodiak (großes Schlauchboot) fahren wir hinaus in südöstlicher Richtung. Wir werden über Funk von Land aus geleitet. Die alten Walbeobachtungstürme an der Küste werden heute wieder genutzt. Dort sitzt ein erfahrener Walbeobachter, der uns zu den Walen lotst. Die Wahrscheinlichkeit, auf Wale zu treffen, liegt deshalb über 95 %.
Am Zielpunkt angelangt finden wir schnell eine Schule von Pottwalen. Wir hören sie prusten und sehen sie springen und sind begeistert. Sie stoßen ihren Blas leicht nach vorne aus, was wohl mit dem Nasenloch auf der linken Kopfseite zusammen hängt. Wie auch immer – mit dieser Information sind wir künftig in der Lage einen Pottwal schon von weitem auf dem Meer zu erkennen. Eine Zeit lang begleiten wir sie in gebührendem Abstand und können sie in aller Ruhe beobachten. Dann taucht einer nach dem anderen ab. Das Meer ist erst einmal wie leer gefegt. Wir fahren weiter hinaus.
Dann tauchen, wie aus dem Nichts, gewöhnliche Delphine auf. Der Skipper stellt den Motor ab und überlässt es den Delphinen, ob sie sich dem Boot nähern wollen oder lieber auf Abstand bleiben. Sie kommen. Blitzschnell schießen sie auf uns zu. In der Schule sind viele Delphinkinder und -babies. Sie halten mühelos mit den Alten mit. Wir liegen am Rand des Zodiaks auf dem Bauch um die Tiere auch unter Wasser beobachten zu können. Trotz unserer Begeisterung, dreht der Skipper nach kurzer Zeit ab. Delphinschulen mit vielen Jungtieren werden bei Espaco Talassa nur kurz begleitet. Man will sie nicht zu lange belästigen. Auf der Rückfahrt in den Hafen treffen wir noch auf eine kleine Gruppe Rundkopfdelphine mit ihren Jungen, die gelassen ihre Bahnen ziehen. Glücklich und zufrieden mit den Erlebnissen der ersten Ausfahrt treffen wir in der BOCA ein.
Die zweite Ausfahrt
Viel Glück haben wir bei unserer zweiten Ausfahrt. Kaum haben wir den Hafen verlassen, treffen wir auf fliegende Fische. Kurz darauf kommen große Tümmler längsseits und begleiten uns eine Weile. Als die Tümmler abdrehen, gesellt sich wieder eine Schule gewöhnlicher Delphine zu uns. In der Schule schwimmen auch einige Streifendelphine mit. Indem wir ihnen folgen, führen sie uns geradewegs zu den Pottwalen. Es sind 6 Pottwale mit ihren Kälbern. Einige Kälber sind noch ganz winzig
. Während sie rechts und links von den Pottwalweibchen flankiert werden, schwimmen sie sicher in der Mitte. Wir sind hin und weg von diesem Anblick. Nach 15 Minuten tauchen die großen Wale ab. Die Jungen bleiben an der Oberfläche zurück. Sie sind noch zu klein um so tief zu tauchen. Während die Alten tauchen, vertreiben sich die Jungen die Zeit mit spielen. Wir dürfen zuschauen. Beim Anblick der spielenden Walkinder wird mir noch einmal bewusst, was ich so oft gelesen habe: Was für eine große Gefahr Schnellfähren für Wale darstellen. Wenn sie nicht wegtauchen können, werden sie gerammt. Aber hier haben sie ihre Ruhe. Wir drehen ab, steuern einen anderen Zielpunkt an.
Während wir eine zeitlang in langsamem Tempo durch die Wellen tuckern, halten alle an Bord Ausschau nach Walen. Plötzlich der Ausruf there is a blue whale!
Ich halte das, ehrlich, zunächst für ein Versehen. Aber als der Skipper beidreht und sich diesem großen gräulich-blauen Fleck im Wasser nähert, halte auch ich die Luft an. An Bord ist es mucksmäuschenstill. Angespannt warten wir darauf, dass er endlich hoch kommt um Luft zu holen. Dann taucht er auf, mit einem unglaublich hohen Blas, bestimmt 6 Meter, ein Riese. Es ist als würde eine Insel auftauchen. Ich kann erst gar nicht begreifen, dass ein Tier so riesig sein kann. Einen Blauwal zu sehen fühlt sich sehr anders an als nur über ihn zu lesen. Ich muss mich erst mal setzen und ins Bein kneifen, weil ich mir nicht sicher bin, ob ich träume. Während wir ihn begleiten mache ich mich staunend mit den Dimensionen dieses größten Säugetieres vertraut. Manchmal hebt er seinen riesigen Kopf aus dem Wasser und wir haben den Eindruck er wirft einen Blick auf uns. Aber dann taucht er wieder weg und alle suchen angestrengt das Meer nach ihm ab. Es ist gar nicht so einfach einen Blauwal wieder zu finden. Wenn er will kann er 20 Meilen/Std. schnell sein. Doch Dank der Unterstützung von Land aus, konnten wir ihm gut folgen.
Das Glück bleibt uns treu an diesem Tag. Kaum ist der Blauwal verschwunden, schwimmt eine Schule Finnwale (zweitgrößtes Säugetier) auf uns zu. Wir können sie eine halbe Stunde beobachten, bis sie weg tauchten.
Ausfahrt bei Wind
Als wir am nächsten Tag wieder hinaus fahren, haben wir mit hohen Wellenbergen zu kämpfen. Wir hopsen und fliegen mit dem Zodiak durch die Wellen. Gut festhalten heißt die Devise. Manch einer auf dem Boot wird etwas grün im Gesicht. Wir fragen uns, wie wir bei solchem Seegang überhaupt einen Wal finden können. Doch das Meer ist uns gnädig – weit draußen ist es nicht mehr so wild. Die Skipper schweigen heute über Ziel und Suche. Schließlich stellen sie sogar den Motor ab. Wir dümpeln lange auf den Wellen. Plötzlich ein riesengroßer Blas, ein lautes Prusten, da taucht tatsächlich ein Blauwal in 30 Meter Entfernung von uns auf. Bevor wir es noch fassen können, in so kurzer Zeit schon wieder diesen Riesen zu sehen, kommt ein zweiter, dann ein dritter und vierter in einiger Entfernung an die Oberfläche. Wie soll man das beschreiben? Wir waren alle erst einmal sprachlos angesichts einer solchen Riesen-Versammlung. Nach der ersten Schrecksekunde und ungläubigem Staunen, sind auch die Biologen ganz aus dem Häuschen und wühlen hektisch in ihren Taschen, um alles mit ihren Fotoapparaten zu dokumentieren. Die Wale bleiben lange an der Oberfläche, zeigen uns ihre schönen, großen Köpfe, sehen uns an – es ist atemberaubend. Schließlich tauchen sie fast gleichzeitig ab.
An diesem Tag sitzen wir noch lange mit Walfreunden zusammen in der BOCA und sprechen über die faszinierenden Erlebnisse der letzten Tage.
Empfehlung
Wir haben noch mehrere Ausfahrten gemacht in diesem Urlaub. Blauwale haben wir keine mehr gesehen aber jede Menge Wale und Delphine. Uns hat das Team von Espaço Talassa sehr gut gefallen. Kompetent und engagiert haben sie uns ein kleines Stück aus der Lebenswelt der Wale gezeigt. Durch ihre respektvolle Haltung, ihrem achtsamen Umgang mit den Walen haben sie einmal mehr deutlich gemacht: Wir sind nur Gäste in der Welt der Wale und sollten uns auch so verhalten.
Bei den kanadischen Indianern gibt es das Sprichwort: Wenn die Wale verschwinden, verschwinden auch die Menschen. Wollen wir für die Wale das Beste hoffen und tun.
Wir danken Espaço Talassa für die bereitgestellten Bilder. Mehr einzigartige Bilder (auch im Großformat für den Bildschirmhintergrund) sowie viele Informationen über die Wale der Azoren gibt es auf der Website von Espaço Talassa .