Vor den Küsten von Nord- und Ostsee sollen in den nächsten Jahren mehr als 30 Windparks entstehen, meist außerhalb unserer Sichtweite von Land aus. Welche ökologischen Folgen der Bau und Betrieb dieser Offshore-Windparks auf dort lebende Wale, Robben und Seevögel haben könnten, stellten Wissenschaftler aus Kiel, Büsum und Stralsund nach fünfjährigen Forschungsarbeiten bei der abschließenden Tagung des Verbundforschungsvorhabens MINOS in Hamburg vor.
30 Seehunden wurden Sender aufgeklebt, die Position, Schwimmgeschwindigkeit und Tauchtiefen der Tiere aufzeichneten und sich nach mehreren Wochen ablösten. 279 auf diese Weise ermittelte Routen erbrachten grundlegend neue Erkenntnisse über die Biologie der Seehunde. „Die Seehunde des Wattenmeeres unternehmen regelmäßig mehrtägige Beutezüge in eine Tiefenzone von 10 bis 30 Metern. Den Küstenbereich nutzen sie lediglich zur Fortpflanzung und zum Ausruhen. Weil die meisten geplanten Offshore-Anlagen weiter draußen liegen, sind Schädigungen wenig wahrscheinlich“, bilanziert Professor Dieter Adelung vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften in Kiel.
Zum ersten Mal konnte ein Grenzwert für die akustische Belastung von Schweinswalen bestimmt werden. Klaus Lucke vom Büsumer Forschungs- und Technologiezentrum ermittelte als akustische Belastungsgrenze einen Spitzenschalldruckwert von 200 Dezibel. Bei den teilweise sehr lauten Baumaßnahmen sollte dieser Wert nicht überschritten werden, um die hörempfindlichen Schweinswale nicht zu gefährden.
Die räumliche und zeitliche Verteilung von Schweinswalen wurde durch Befliegungen mit einer Gesamtflugstrecke von 62 000 Kilometern vom Forschungs- und Technologiezentrum Westküste ermittelt. Dadurch wurden Gebiete identifiziert, in denen besonders viele der kleinen Wale leben. Ihre Lage überschneidet sich in vielen Fällen mit geplanten, teilweise auch mit bereits genehmigten Standorten für Offshore-Windkraftanlagen. Die höchsten Bestände wurden im Frühsommer ermittelt. In der deutschen Nordsee leben dann rund 50 000 Schweinswale, in der Ostsee ist die Dichte zehnfach niedriger. Hier wurden knapp 3 000 Tiere ermittelt.
Durch Aufzeichnung der Ortungslaute der Schweinswale konnte erstmals die Nutzung auch in den Gebieten, in denen nur wenige Tiere vorkommen, vom Deutschen Meeresmuseum in Stralsund kontinuierlich und umfassend untersucht werden. Hier zeigte sich, dass die gesamte deutsche Ostsee das ganze Jahr über von den kleinen Meeressäugern genutzt wird. Erstmals konnten hier auch ein geographischer Gradient und saisonale Änderungen in der Schweinswaldichte nachgewiesen werden. Während um Fehmarn herum von Frühjahr bis Herbst jeden Tag Schweinswale registriert werden, wird es zum Winter hin und gen Osten immer weniger.
Die Verbreitung von Seevögeln wurde bei Flugzeugzählungen und von Forschungsschiffen aus ermittelt. Die Forscher stellten fest, dass Seevögel wie beispielsweise Sterntaucher, in einigen der geplanten Windparkgebiete zeitweise in hoher Zahl vorkommen. Viele Vogelarten bevorzugen bestimmte Seegebiete. Innerhalb dieser Gebiete kann ihr Aufenthalt aber variieren.
An dem Forschungsverbund MINOS sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Meeresforschung in Kiel, des Forschungs- und Technologiezentrum Westküste/Universität Kiel in Büsum und des Deutschen Meeresmuseums Stralsund beteiligt. 2002 startete das Projekt MINOS und wurde von 2004 bis 2007 als MINOS+ fortgeführt. Der Verbund mit seinen sieben Einzelvorhaben wurde von der Nationalparkverwaltung in Tönning koordiniert und vom Bundesumweltministerium mit insgesamt rund fünf Millionen Euro gefördert
Dies ist eine Pressemitteilung des Nationalparkamtes Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer
Weitere Informationen gibt es unter www.minos-info.de