Wichtigste Obduktionsergebnisse des im Januar tot aufgefundenen Weibchens stehen fest. Das Tier starb an einer schweren Lungenentzündung. Es gibt keine Hinweise auf Fremdeinwirkung. Eine abgeklungene Rotlauf-Infektion zeigt, dass Menschen, die Nähe zum Delfin gesucht haben, in Gefahr waren.
Das Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW) der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) hat den Gemeinen Delfin (Delphinus delphis), der sich seit April 2020 über mehrere Monate in der Eckernförder Bucht aufhielt, obduziert. Das Tier wurde Ende Januar dieses Jahres tot am Meeresgrund aufgefunden, von Tauchern geborgen und im ITAW von Tierärztinnen und Tierärzten, die auf Meeressäuger spezialisiert sind, untersucht. Die umfassende Obduktion sowie weiterführende feingewebliche, bakteriologische, virologische und parasitologische Untersuchungen wie auch bildgebende Verfahren der Ohren wurden zum Teil auch mit Partnerfachinstitutionen durchgeführt.
Lungenentzündung, Parasiten und Magengeschwüre
Das weibliche Tier war etwa sechs Jahre alt und hatte die Geschlechtsreife noch nicht erreicht. Die Obduktion offenbarte insbesondere Auffälligkeiten in der Lunge des jungen Delfinweibchens. Das Gewebe war mit Parasiten befallen und zeigte eine schwere Lungenentzündung. In der Folge war es zu Verkalkungen, Bindegewebsvermehrung (Fibrose) und weiteren schweren Veränderungen im Gewebe gekommen. Im Magen fanden die Tierärzte ebenfalls Parasiten sowie zwei große und tiefe Magengeschwüre. Für ein signifikantes Krankheitsgeschehen sprachen außerdem die Reaktionen mehrerer Lymphknoten im Bereich der Lunge, des Darms, des Magens und des Halses, die wie beim Menschen zum Immunsystem des Delfins gehören.
Am gesamten Tierkörper waren unregelmäßige, oberflächliche Aufhellungen der Haut sichtbar. Im vergangenen Jahr, als der Delfin noch in der Eckernförder Bucht schwamm, wurde bereits eine Hauterkrankung beobachtet, die nach einigen Monaten wieder abklang und möglicherweise durch eine Pockeninfektion hervorgerufen worden war. Die Untersuchungen zeigten, dass das Tier sich von diesen Veränderungen gut erholt hatte.
Eine Wunde am Kopf des Tieres, die bei der Bergung aufgefallen war, konnte nach genauer Begutachtung und histologischer Untersuchungen als oberflächliche Abschürfung der Haut eingeordnet werden, die sich das Tier vor dem Tod zugezogen hatte, die aber nicht relevant für den Tod des Delfins war.
Zoonose nachgewiesen
Eine Antikörperuntersuchung lieferte Hinweise, dass das Tier eine bakterielle Infektion mit dem Rotlauf-Erreger Erysipelothrix rhusiopathiae durchlaufen hatte. Das Bakterium ist bei engem Kontakt auch auf den Menschen übertragbar. Zum Zeitpunkt der Obduktion konnte der Erreger nicht mehr nachgewiesen werden. Auch die Untersuchung auf virale Erreger lieferte keine positiven Ergebnisse.
Da Delfine auf ihr Gehör angewiesen sind, um sich zu orientieren, mit Artgenossen zu kommunizieren oder um Nahrung zu suchen, untersuchten die Tierärztinnen und Tierärzte den Delfin während der Obduktion eingehend auf akustische Beeinträchtigungen. Dafür setzten sie unter anderem hochauflösende bildgebende Verfahren ein, mit denen sie genau beurteilen können, ob die Ohren geschädigt sein. Dabei konnten sie ausschließen, dass der Delfin beispielsweise einen Bruch der Ohrknochen hatte.
Die umfangreichen Untersuchungen zeigten, dass das Tier trotz des unveränderten Verhaltens, das noch an den Tagen vor seinem Tod beobachtet wurde, unter beträchtlichen gesundheitlichen Einschränkungen insbesondere der Lunge litt, die höchstwahrscheinlich zu einem natürlichen Tod des jungen Delfins führten.
Dies ist eine Presseinformation der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Das Aufmacherbild mit dem Delfin stammt ebenfalls von Stephanie Sievers.