Perucetus: neue Schrumpfkur des Kolosses

von Johannes Albers | Cetacea.de | Essen | 6. Februar 2025

Der 2023 beschriebene fossile Wal Perucetus colossus erweist sich immer mehr als ein großer Luftballon, aus dem die Luft abgelassen wird: 2023 wurde er als das womöglich schwerste Tier vorgestellt, dass je unseren Planeten bewohnte. 2024 folgte eine Neuberechnung, die den Wal in den Rahmen dessen zurückstufte, was wir auch von dem heutigen Blauwal kennen. Anfang 2025 nun erschien wiederum eine neue Studie, die zu noch bescheideneren Angaben führt.

Die ursprüngliche Arbeit von 2023 erschien in der Zeitschrift Nature unter dem Titel A heavyweight early whale pushes the boundaries of vertebrate morphology und war von 16 Autoren verfasst, unter Führung des Italieners Giovanni Bianucci. Diese Arbeit schätzte das Lebendgewicht des 39 Millionen Jahre alten Wals auf 85 bis 340 Tonnen. Letzterer Wert übersteigt deutlich den Blauwal, der gemeinhin als das schwerste Tier aller Zeiten gilt. Aber die große Spannbreite der Schätzung deutet schon auf eine beträchtliche Unsicherheit hin.

Neue Vorstellungen von Perucetus colossus. A: Aufsicht und Seitenansicht bei einer Körperlänge von 15 Metern. B: Aufsicht und Seitenansicht bei einer Körperlänge von 16,40 Metern. Weiß eingezeichnet: Die gefundenen fossilen Knochen, auf denen alle Rekonstruktionen und Gewichtsschätzungen beruhen. Illustration aus Paul und Larramendi (2025).

Ryosuke Motani und Nicholas Pyenson in den USA rechneten neu und kamen zu einem anderen Ergebnis: Ihre Arbeit von 2024 nennt bei einer Körperlänge von 17 Metern nur noch ein Gewicht von 60 bis 70 Tonnen. Allerdings scheint ihnen auch eine Länge von 20 Metern möglich, was zu einer Schätzung von 98 bis 114 Tonnen führt. Auch damit bleibt jedoch der Rekord des Blauwals bestehen. Für ihn berechneten Motani und Pyenson ein Höchstgewicht von 270 Tonnen.

Aber im Januar 2025 erschien nun eine weitere Arbeit: In dem Fachorgan Palaeontologia Electronica stellen Gregory Paul aus den USA und Asier Larramendi aus dem spanischen Baskenland Zahlen vor, die den Perucetus noch weiter schrumpfen lassen: Ihrer Studie zufolge war P. colossus wohl nur 15 bis 16,40 Meter lang und 35 bis 40 Tonnen schwer. Diese Werte liegen völlig im Bereich dessen, was für heutige Großwale normal ist. Zugleich schrauben die Autoren auch das 2024 errechnete Maximalgewicht des Blauwals auf etwa 200 Tonnen herunter.

Aktuelle Veröffentlichung:

PAUL, G. und A. LARRAMENDI (2025):

Further trimming down the marine heavyweights: Perucetus colossus did not come close to, much less exceed, the tonnage of blue whales, and the latter are not ultra-sized either.

Palaeontologia Electronica 28(1):a6.

DOI: 10.26879/1435


Fachliteratur zum Vertiefen:

BIANUCCI, G., O. LAMBERT, M. URBINA, M. MERELLA, A. COLLARETA, R. BENNION, R. SALAS-GISMONDI, A. BENITES-PALOMINO, K. POST, C. DE MUIZON, G. BOSIO, C. DI CELMA, E. MALINVERNO, P. P. PIERANTONI, I. M. VILLA und E. AMSON (2023):

A heavyweight early whale pushes the boundaries of vertebrate morphology.

Nature 620(7975):824-829.
DOI: 10.1038/s41586-023-06381-1


GOLDBOGEN, J. A., D. E. CADE, D. M. WISNIEWSKA, J. POTVIN, P. S. SEGRE, M. S. SAVOCA, E. L. HAZEN, M. F. CZAPANSKIY, S. R. KAHANE-RAPPORT, S. L. DERUITER, S. GERO, P. TØNNESEN, W. T. GOUGH, M. B. HANSON, M. M. HOLT, F. H. JENSEN, M. SIMON, A. K. STIMPERT, P. ARRANZ, D. W. JOHNSTON, D. P. NOWACEK, S. E. PARKS, F. VISSER, A. S. FRIEDLAENDER, P. L. TYACK, P. T. MADSEN und N. D. PYENSON (2019):

Why whales are big but not bigger: Physiological drivers and ecological limits in the age of ocean giants.

Science 366(6471):1367-1372.

DOI: 10.1126/science.aax9044


MOTANI, R. und N. D. PYENSON (2024):

Downsizing a heavyweight: factors and methods that revise weight estimates of the giant fossil whale Perucetus colossus.

PeerJ 12:e16978.

DOI: 10.7717/peerj.16978


Schreibe einen Kommentar