Bedrohungen

Man könnte annehmen, dass die Jagd auf Wale auch die gefährlichste Bedrohung darstellt. Damit liegen wir allerdings falsch, denn der Walfang stellt zwar die plakativste Bedrohung dar, muss sich – betrachtet man die Zahl der betroffenen Wale oder die Auswirkungen auf die jeweiligen Arten – aber ganz hinten in die Schlange der Gefahren einreihen.

Meeresverschmutzung

Angeschwemmter Müll in der Talisker Bay, Schottland, 2016

Saubere Meere? Fehlanzeige. Der Mensch hat sich die Ozeane schon lange zu eigen gemacht und dabei so gehandelt, wie es ihm nahe liegt: „Aus den Augen, aus dem Sinn“. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden Munitionsreste versenkt. Atom- und Giftmüll schlummert in zahllosen mittlerweile recht rostigen Fässern auf dem Meeresgrund. Chemieabfälle wurden jahrelang sogar vor unserer Haustür verklappt oder über die großen Flüsse ins Meer geleitet. Sind wir heute schlauer? Aufstrebende Nationen im asiatischen Raum sorgen auch für aufstrebende Schadstofffracht. Aber auch alte Industrienationen belasten die Gewässer: Die maroden Atomkraftanlagen von Fukushima sorgen für eine enorme Strahlungsbelastung des Ozeans.

All das hat Folgen für die Meereswelt. PCBs, die seit den 1980er Jahren nicht mehr ins Wasser entsorgt werden dürfen, führen noch heute zur Beeinträchtigung der Reproduktion bei Meeressäugern. Andere chlororganische Gifte sorgen für eine Verschlechterung des Immunstatus.

Lärm

Es ist ja nicht so, dass die Ozeane ein leiser Lebensraum wären. Vom Klappern der Krabbenscheren über die Heringspupser bis zu gewaltigen Untersee-Erdbeben gibt es eine stete Geräuschkulisse. Der Mensch sorgt allerdings für eine so große Lärmbelastung „on top“, dass den Meeressäugern das Hören vergeht. Und das ist schlimm, denn gerade für viele Wale ist der Gehörsinn wichtiger als das Sehen. Wer sich akustisch orientiert und auf Beutefang geht, der kann mit Schiffsverkehr, Rammarbeiten, seismischen Untersuchungen, aktiven SONARen der Marine oder Munitionssprengungen nur schwer leben.

Fischerei

Der Fischfang war für die Menschen immer ein wichtiger Nahrungslieferant. Das ist überhaupt kein Problem solange es sich um die Ernährung der Küstenbevölkerung handelt. Heute sind die Bedingungen aber ganz andere. Auch im Binnenland wird Fisch nachgefragt und große Mengen Nicht-Speisefisch werden gefangen, um z.B. den Zuchtfisch in den Mastanlagen zu ernähren. Die Anzahl der Menschen hat zugenommen, die Technik hat sich verbessert und die Meeressäuger müssen sich als Nahrungsopportunisten immer öfter mit der zweiten Wahl begnügen. Aber nicht nur das. Netze im Wasser sind nicht nur für die Zielfischart, sondern für viele andere Meereslebewesen eine tödliche Gefahr. Hohe Beifangquoten gefährden Meeressäuger, Geisternetze, die durch die Meere treiben fangen gnadenlos weiter.

Walfang

In der Zeit vor dem Öl waren die Wale die größte Fettressource der Menschheit. Wale wurden vielfältig ausgenutzt und verarbeitet. Viele Großwalarten wurden an den Rand der Ausrottung gebracht und erholen sich nur langsam wieder. Seit der Erkenntnis, dass diese Quelle endlich ist, ist der Walfang zurückgegangen und stellt heute längst nicht mehr die größte Gefahr dar. Die Internationale Walfang Kommission sorgt für das Management der Walbestände und auch, wenn Island, Norwegen und Japan mit unterschiedlichen Legitimationen weiterhin Wale fangen, ist das für den Arterhalt nicht gefährdend. Trotzdem bleibt dieser Nahrungserwerb archaisch und stellt für viele Wale ein langes Leiden an der Leine des Walfängers dar.

Neben der Jagd vor allem auf den kleinsten der Großwale, den Zwergwal, wird von einigen Menschen auch die Jagd auf Pilotwale oder Delphine betrieben. Die Färöer veranstalten den „Grind“ und schrecken mit dieser blutigen Tradition Menschen weltweit ab. In Japan werden Delphine zusammengetrieben, zum kleinen Teil für Delphinarien oder „Schwimmen-mit-Delphinen“- Einrichtungen ausgesondert und   zum großen Teil geschlachtet.

Außerdem billigt die IWC einigen indigenen Völkern die Jagd auf Wale zum Nahrungserwerb. Dafür mag man zunächst Verständnis haben, mittlerweile ist aber auch bekannt, dass hier die kulturelle Notwendigkeit nicht immer gegeben ist, oder dass durch Nutzung moderner Fangmethoden auch zahlreiche Fehltötungen resultieren können.