Nachdem Greenpeace vergangene Woche aufgedeckt hat, dass Besatzungsmitglieder der japanischen Walfangflotte im großem Stil wertvolles Walfleisch aus dem diesjährigen Fang im Südpolarmeer unterschlagen haben, um es auf eigene Rechnung zu verkaufen, schlägt dieser Fund noch immer große Wellen in Japan.
Greenpeace-Aktivisten dokumentierten am 15. April 2008, wie zahlreiche als persönliches Gepäck der Besatzung deklarierte Kartons unter den Augen der verantwortlichen Firma Kyodo Senpaku von der Nisshin Maru abgeladen wurden. Sie stellten einen der Kartons mit mehr als 23 Kilogramm gesalzenen Walfleisches mit einem Marktwert von circa 3000 US-Dollar sicher. Informanten bestätigten, dass Besatzungsmitglieder der Walfangflotte auf diese Art bis zu 20 solcher Kartons an Land schmuggeln und auf eigene Rechnung verkaufen. Das Walfleisch wird dann an Händler geliefert und landet schließlich in den Spezialitätenrestaurants Japans.
Die Informanten bezeugen ebenfalls, dass der Walfangfirma Kyodo Senpaku und den für die Arbeit der Besatzung verantwortlichen Regierungsvertretern die Unterschlagungen bekannt sind, “sie aber beide Augen zudrücken”, so ein Zeuge. Auch das Institut für Walforschung (ICR), das den angeblich wissenschaftlichen Walfang verantwortet, soll über die weitreichenden Regelverstöße informiert gewesen sein. Das Institut finanziert sich ausschließlich aus japanischen Steuermitteln und dem offiziellen Verkauf von Walfleisch.
Diese Nachricht hat viele große Medien in Japan beschäftigt.
Mittlerweile haben die zuständige Walfang-Firma Kyodo Senpaku und das Institut für Walforschung die Vorwürfe zurückgewiesen. Die Zeitung Yomiuri Shimbun berichtet, dass diese 23,5 kg Walfleisch zu einem Bestand gehörten, den Kyodo Senpaku offiziell für Crew-Mitglieder gekauft habe. Das Fleisch sollte einem älteren Crew-Mitglied zugestellt werden und bestand aus dessen Ration sowie Teilen von drei anderen Kollegen. Jedes Crew-Mitglied erhalte zum Abschluss der Reise 10 kg Walfleisch, die fetteren Stücke fänden bei jüngeren Crew-Mitgliedern oftmals kein Interesse und würden an andere abgegeben werden.
Ob damit die japanische Öffentlichkeit beruhigt werden kann, bleibt fraglich. Denn es hat doch einige Tage gedauert, bis diese Version der Geschichte gefunden war. Auch die offizielle Inhaltsdeklaration („Karton“ ) der aufgefunden Kiste steht für sich. Das spricht nicht für Transparenz im guten Geschäft mit den Resten der wissenschaftlichen Untersuchungen. Shigeki Takaya, ein Vertreter der japanischen Fischereibehörde, kritisierte laut ASAHI SHIMBUN die Praxis, Walfleisch an Crewmitglieder abzugeben: „Wenn die Mitarbeiter eine große Menge Walfleisch mitgenommen hätten, würden sie sich zweifellos verdächtig machen, dies aus Gewinnsucht zu tun.“
Die Jagd im anerkannten Walschutzgebiet der Antarktis gilt seit langem als kommerziell und hat die Glaubwürdigkeit Japans international in die Kritik gebracht. Greenpeace ruft dazu auf, mit einer Email an den japanischen Ministerpräsidenten gegen den japanischen Walfang zu protestieren.
Dieser Text enthält Teile einer Pressemitteilung von Greenpeace. Greenpeace hat eine 30seitige Broschüre mit Hintergrundmaterialien zu diesem Fall zusammengestellt:Greenpeace Investigation: Japan’s Stolen Whale Meat Scandal (PDF, 5,5 MB). Verfolgen Sie diesen Fall und andere Neuigkeiten im Greenpeace Blog Riesen der Meere