Walfäkalien enthalten große Mengen an Nährstoffen, die für das Ökosystem der Ozeane wichtig sind. Eine neue Studie von Carla Freitas und KollegInnen in der Fachzeitschrift Progress in Oceanography liefert konkrete Zahlen für den Beitrag der Zwergwale an der Nährstoffversorgung des Nordostatlantiks.
Bei der letzten Bestandsschätzung waren es rund 15.000 Zwergwale, die im Sommer die Gewässer rund um Spitzbergen aufgesucht haben, um dort zu fressen. Dabei produziert jeder Wal etwa 40 Kilogramm Kot pro Tag. Das ergibt einen täglichen 600 Tonnen Düngereintrag, der Basis für die Entwicklung des Phytoplanktons darstellt.
Sauerstoffproduzent und Nahrungsgrundlage: Phytoplankton
In den letzten Jahren haben sich verschiedene Meereswissenschaftler die Frage gestellt, ob Walexkremente die Primärproduktion im Ozean erhöhen könnten. Mit anderen Worten: Walkot könnte für die Phytoplanktonblüte von Bedeutung sein, die für die gesamte Nahrungskette und alles, was im Meer lebt, lebenswichtig ist. Die Idee ist einfach: Wale könnten mit ihrem Kot den Ozean auf die gleiche Weise düngen wie Rinder und Schafe das Land.
Scheiß-Wissenschaft
Im Gegensatz zu den Exkrementen von Fischen und Zooplankton, die auf den Meeresboden sinken, schwimmen die Kotreste der Wale an der Oberfläche. Genau dort, wo das Phytoplankton im Frühjahr und Sommer blüht.
„Das Problem war, dass bisher niemand wirklich wusste, wie viele Nährstoffe die Wale ausscheiden und wie viel das zur Phytoplanktonproduktion beiträgt“, sagt die Meeresforscherin Carla Freitas, Erstautorin der vorgestellten Untersuchung.
In der Vergangenheit haben die Wissenschaftler Kotproben aus dem Wasser entnommen, wo sich die Nährstoffe bereits aufgelöst hatten. Doch dieses Mal entnahmen die Forscher die Proben direkt aus dem Kot von Zwergwalen. Mit Plastiklöffen wurde der Kot aus dem After entnommen und für die spätere Analyse tiefgefroren. Die Autoren legen Wert auf die Feststellung, dass die Wale nicht für die Untersuchung geschossen wurden, sondern die Untersuchung an 31 Tieren durchgeführt wurde, die norwegische Walfänger aus kommerziellen Gründen geschossen haben.
Phosphor und Stickstoff waren am wichtigsten
Nach der Analyse der Proben stellten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fest, dass die wichtigsten Nährstoffe in den Exkrementen Phosphor und Stickstoff sind. Anschließend berechneten sie die Menge der Nährstoffe, die von den 15 000 Zwergwalen, die sich im Sommer in Spitzbergen aufhalten, täglich ausgeschieden werden. Die Antwort: 10 Tonnen Phosphor und 7 Tonnen Stickstoff pro Tag.
„Nach einer groben Schätzung trägt der Kot der Zwergwale etwa 0,2 bis 4 Prozent zur täglichen Phytoplanktonproduktion in dem Gebiet bei. Das hört sich vielleicht nicht viel an, aber es ist ein ganz erheblicher Beitrag“, sagt Freitas.
Erst kommt der Kot, dann der Urin
Neben dem wertvollen Kot, stecken auch wichtige Stoffe im Urin. Die meisten Säugetiere scheiden Harnstoff aus, der u. a. Stickstoff enthält. „Wir werden nun unsere Forschung fortsetzen und die Nährstoffe im Urin der Wale untersuchen“, sagt Freitas. Die Urinproben werden wieder von kommerziellen Walfängern stammen. „Wir haben die Proben bereits erhalten und mit der Analyse begonnen“, so die Forscherin.
Auf Basis einer Pressemitteilung des Meeresforschungsinstitutes, Bergen, Norwegen.
Vorgestellte Publikation
FREITAS, C., K. GUNDERSEN, L. LINDBLOM, M. BIUW und T. HAUG (2023):
Nutrient concentrations in minke whale faeces and the potential impact on dissolved nutrient pools off Svalbard, Norway.
Progress in Oceanography 210:102927.
DOI: 10.1016/j.pocean.2022.102927
Fachliteratur zum Thema
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The Whale Pump: Marine Mammals Enhance Primary Productivity in a Coastal Basin.
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ROMAN, J., J. A. ESTES, L. MORISSETTE, C. SMITH, D. COSTA, J. MCCARTHY, J. B. NATION, S. NICOL, A. PERSHING und V. SMETACEK (2014):
Whales as marine ecosystem engineers.
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SOLVANG, H. K., H. J. SKAUG und N. ØIEN (2021):
Abundance of common minke whales in the Northeast Atlantic based on survey data collected over the period 2014-2019.
IWC Scientific Committee paper SC/68C/ASI/04.
Bestandsschätzung der Internationalen Walfangkommission (Population (Abundance) Estimates)