Eurhinodelphis & Co. – Wale mit Speerschnauze

von Johannes Albers | cetacea.de | Essen | 10. November 2008

Skelettstudien Othenio Abels

In der Untersuchung des Skeletts von Eurhinodelphis cocheteuxi führt Abel 1909 einen neuen anatomischen Begriff ein, der ein Menschenalter später immer noch verwendet wird. Dabei geht es um eine Form des Übergangs von zweiköpfigen zu einköpfigen Rippen im Skelett:

Als „Merapophyse“ bezeichnet Abel einen solchen Wirbelfortsatz, der durch Abschnüren des Rippenhalses samt Rippenkopf von der Rippe und Verschmelzen dieses abgeschnürten Teils mit demjenigen Wirbelfortsatz (Parapophyse) entsteht, der normalerweise mit dem Rippenkopf eine Gelenkverbindung eingeht (artikuliert). Nun aber artikuliert an dieser Merapophyse der Rippenhöcker, der sich normalerweise mit der Diapophyse des Wirbels gelenkig verbindet.

Im Einzelnen treten bei Eurhinodelphis zahlreiche individuelle Variationen des Knochenbaus auf, wie es häufig bei Walen zu beobachten ist. So gibt es auch Sonderformen, bei denen sich z.B. an einem Wirbel Diapophyse und Merapophyse an ihren Enden verbinden und gemeinsam mit dem Rippenhöcker artikulieren. Gerade die individuellen Variationen sind es, die das Studium von Walskeletten so außerordentlich interessant machen. Zugleich haben sie es oft schwierig gemacht: Diese Variationen sind ein wesentlicher Grund dafür, dass in der Systematik ein undurchsichtiger Wust an Artnamen aufgehäuft wurde, die in Wirklichkeit vielfach nur Synonyme sind.

Der Riesenzahnhai

Museumsadressen in Deutschland

Für Eurhinodelphis cocheteuxi:

Stadtmuseum Bocholt
Osterstraße 66
46397 Bocholt
Internet:
www.stadtmuseum-bocholt.de
Öffnungszeiten: Di – So: 11 – 13 Uhr und 15 – 18 Uhr. Do: bis 20 Uhr.

Für Schizodelphis longirostris:

Bachmann-Museum Bremervörde
Amtsallee 8
27432 Bremervörde
Telefon: (04761) 81-4603
Öffnungszeiten: Mo – Do: 8 – 12 Uhr und 14 – 16 Uhr. Fr: 8 – 12 Uhr. Sa – So: 14 – 16 Uhr.

Othenio Abel belehrt uns auch über einen vermutlichen Fressfeind der Speerschnauzenwale. 1916, als die Soldaten dem Grauen des modernen, technisierten Krieges ausgesetzt sind, malt er seine Vision von der Begegnung Speer (-schnauzen) tragender Kleinwale mit dem monströsen Schrecken des Miozänmeeres: Carcharocles megalodon. Diesen Riesenzahnhai schätzt man heute auf eine Länge von 13 – 15 Metern. Zu Abels Zeit glaubte man jedoch an Längen von 20 – 30 Metern und nannte das Tier „Carcharodon megalodon, weil man es für einen gigantischen Vorläufer des heutigen Weißen Hais (Carcharodon carcharias) hielt.

Die Zähne des megalodon-Hais können bis über 17 cm lang sein und finden sich oft zusammen mit Walresten. Womöglich sind Fressfeinde wie er einer der Gründe dafür gewesen, dass viele Wale nun ihrerseits zu Riesenformen heranwuchsen, die nicht mehr so einfach zu verschlingen waren. In diesem Wettrüsten der Natur ist zu beobachten, dass auch der Hai im Verlauf des Miozäns an Größe zugenommen hat.

Museumsadressen international

Calvert Marine Museum
Internet: www.calvertmarinemuseum.com

Das Motiv des Angriffs eines solchen Hais auf eine Gruppe Speerschnauzenwale wiederholt später eine Briefmarke der Insel Tristan da Cunha im Südatlantik. Dabei nimmt sich die schwarz-weiße Hautmusterung der Wale ein Vorbild an den heutigen südatlantischen Commerson-Delphinen (Jacobitas). Die bildende Kunst schuf 2003 gar eine Eurhinodelphis“ genannte Zeichnung, die Mischwesen aus Wal und Mensch zeigt. Ein Beleg dafür, dass die mystisch orientierte Beschäftigung mit Walen und Delphinen inzwischen auch bei fossilen Arten angekommen ist.