Neues Warngerät schützt Schweinswale

von Tassilo Frhr. v. Leoprechting | BLE | Bonn | 20. März 2018

Beifangrate reduzieren, Artenvielfalt erhalten und gleichzeitig Wirtschaftlichkeit gewährleisten – das sind wesentliche Aspekte einer nachhaltigen Fischereiwirtschaft. In einem Forschungsprojekt wurde ein neuartiges akustisches Warngerät entwickelt und bereits erfolgreich erprobt. Dieses Warngerät reduzierte den Beifang von Schweinswalen in der ersten Testphase um 70 Prozent. In einer zweiten Phase erfolgt nun der Praxistest in der Nordsee und im Nordatlantik.

PAL Warngerät. Bild: Boris Culik
Eine der größten Gefahren für die gefährdeten Schweinswale in der Nord- und Ostsee geht von Stellnetzen der Fischer aus. Die Schweinswale verfangen sich darin und verenden. Eine nachhaltige Beifangvermeidung gewährleistet somit den Arterhalt und bietet darüber hinaus auch für die Fischer Vorteile, da durch weniger Beifang ihre Netze seltener reißen und der Zeitaufwand für das Einholen des Netzes geringer ist. Das tierschutzgerechte Warngerät „PAL“ („Porpoise Alert“) imitiert die Kommunikationssignale von Schweinswalen basierend auf der von den Tieren genutzten Schallfrequenz. Die PAL werden an den Fischernetzen befestigt und halten die Tiere durch ein Warnsignal ständig auf Abstand.

70 Prozent weniger Schweinswale landeten im Netz

Bereits 2014 und 2016 wurden die PAL-Geräte in der kommerziellen Fischerei der westlichen Ostsee erprobt.
Es wurden Netze verglichen, die einmal herkömmlich und einmal mit Schweinswal-PAL ausgestattet waren. Bei insgesamt 1000 Versuchen mit rund 6400 km Netzlänge kam es zum Beifang von 17 Schweinswalen in herkömmlichen Netzen und von 5 Schweinswalen in PAL-Netzen. Der Beifang von Schweinswalen konnte damit um 70 Prozent verringert werden. Im Anschluss an die erfolgreichen Praxistests in der Ostsee sind nun die Weiterentwicklung dieses vielversprechenden Konzepts sowie weitere Tests in der Nordsee sowie im Nordatlantik um Island gestartet.

Weiterentwicklung in der Nordsee

Nach Optimierung der akustischen Eigenschaften durch Anpassung der Hard-und Software des Warngeräts, sollen die PAL in der Nordsee auf ihre Wirksamkeit geprüft werden. Das derzeit verwendete Signal soll dabei verbessert und der Einfluss weiterer Signale und Senderfrequenzen auf andere Tierarten getestet werden. Ziel des Folgeprojekts ist es unter anderem, das Gerät für die Vermeidung weiteren Beifangs nutzen zu können. Die PAL-Warngeräte tragen durch ihre spezielle Technik schon heute effektiv und überregional zu einem aktiven Tier- und Umweltschutz bei.

PAL unterscheidet sich von anderen Schweinswal-Pingern

Durch die Nutzung arteigener Signale unterscheidet sich das PAL-System von herkömmlichen Pingern. Während der Schweinswal-PAL zur Aktivierung des Biosonars und damit zur besseren Umweltwahrnehmung führt, senden andere Pinger Störgeräusche aus, die sogar eher zur Reduktion der Orientierungslaute führen. Diese Störgeräusche vergrämen Schweinswale häufig weiträumig von den Netzstandorten. Außerdem hat das PAL-System Vorteile hinsichtlich Form, Gewicht, Haltbarkeit, Sendeleistung und Laufzeit und trifft daher auf größere Zustimmung in der Fischerei.

Hintergrund

Das Projekt „Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Fischerei durch Entwicklung innovativer, praxistauglicher PAL-Warngeräte zur Minimierung von Schweinswal-Beifängen (PAL)“ wurde im Innovationsprogramm des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert. Das Folgeprojekt „Innovatives Schweinswal-Warngerät PAL: Zertifizierung, Weiterentwicklung und Kommerzialisierung (PAL-Komm)“ wird über die Deutsche Innovationspartnerschaft Agrar (DIP) aus den Mitteln des Zweckvermögens bei der Landwirtschaftlichen Rentenbank gefördert. Beide Projekte werden vom Projektträger Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (ptble) fachlich betreut.

Dies ist eine Presseinformation der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung

Links zum Thema

Literatur zum Thema

CARLSTRÖM, J., P. BERGGREN und N. J. C. TREGENZA (2009):
Spatial and temporal impact of pingers on porpoises.
Canadian Journal of Fisheries and Aquatic Sciences 66: 72-82.

COX, T. M., A. J. READ, A. SOLOW und N. TREGENZA (2001):
Will harbour porpoises (Phocoena phocoena) habituate to pingers.
Journal of Cetacean Research and Management 3: 81-86.

GEARIN, P. J., M. E. GOSHO, J. L. LAAKE, L. COOKE, R. L. DELONG und K. M. HUGHES (2000):
Experimental testing of acoustic alarms (pingers) to reduce bycatch of harbour porpoise, Phocoena phocoena, in the state of Washington.
Journal of Cetacean Research and Management 2: 1-10.

Culik, Boris, Matthias Conrad und Jérôme Chladek (2017):
Akustischer Schutz für Meeressäuger: neues Warngerät PAL.
Proceedings der 43. Jahrestagung für Akustik, DAGA Kiel, 06.-09. MÄRZ 2017, S. 387-90.

GONENER, S. und S. BILGIN (2009):
The effect of pingers on harbour porpoise, Phocoena phocoena bycatch and fishing effort in the turbot gill net fishery in the Turkish Black Sea coast.
Turkish Journal of Fisheries and Aquatic Sciences 9: 151-57.

KYHN, L. A., P. B. JØRGENSEN, J. CARSTENSEN, N. I. BECH, J. TOUGAARD, T. DABELSTEEN und J. TEILMANN (2015):
Pingers cause temporary habitat displacement in the harbour porpoise Phocoena phocoena.
Marine Ecology Progress Series 526: 253-65.

LARSEN, F. (2004):
A note on improving the mechanism of pinger attachment for the Danish North Sea gillnet fishery. 2004.
Journal of Cetacean Research and Management 6: 147-50.

TEILMANN, J., J. TOUGAARD, L. A. MILLER, T. KIRKETERP, K. HANSEN und S. BRANDO (2006):
Reactions of captive harbor porpoises (Phocoena phocoena) to pinger-like sounds.
Marine Mammal Science 22: 240-60.

TEILMANN, J., S. SVEEGAARD, J. D. BALLE, L. A. KYHN und J. CARSTENSEN (2015):
Porpoise monitoring in pinger-net fishery. Final baseline report Marsvinemonitering i pinger garnfiskeri (MIP).
Technical Report from DCE – Danish Centre for Environment and Energy No. 68: 38.