Wichtiges Fortpflanzungsgebiet für bedrohte Ostsee-Schweinswale entdeckt

von | DMM | Stralsund | 10. Dezember 2014

Rund 450 Schweinswale leben in der zentralen Ostsee. Um diese Zahl zu erhalten, werteten Wissenschaftler des internationalen SAMBAH-Projekts erstmals eine zwei Jahre dauernde Aufzeichnung der Echoortungslaute der Tiere aus. Dabei zeigte sich zudem in den Sommermonaten eine erstaunliche Konzentration von Schweinswalen in einem Gebiet, in dem das Vorkommen der Tiere bisher nicht bekannt war: Südlich der schwedischen Insel Gotland liegt offenbar ein wichtiges Fortpflanzungsgebiet der Ostsee-Schweinswale.

Schweinswal © Solvin Zankl
SAMBAH soll zum Schutz der Schweinswalpopulation in der Ostsee beitragen. Das Projekt begann im Januar 2010 und läuft bis September 2015. Alle EU Ostseeanrainerstaaten sind hieran beteiligt. SAMBAH wird durch das EU LIFE+ Programm und staatliche Förderung finanziert, in Deutschland durch das Bundesamt für Naturschutz.

Schweinswale nutzen ähnlich wie Fledermäuse die Echoortung zur Orientierung und Jagd. Wissenschaftler des SAMBAH-Projekts nahmen diese Laute zwei Jahre lang in der Ostsee auf und analysierten sie. Basierend auf diesen Daten schätzen die Forscher die Anzahl der Ostsee-Schweinswale auf 447 Tiere (95% Vertrauensbereich: 90-997).

Akustische Datenlogger, sogenannte C-PODs, registrierten die Echoortungslaute der Schweinswale. In allen acht EU-Ostseeanrainerstaaten wurden an insgesamt 304 Messstationen C-PODs in Wassertiefen zwischen 5 und 80 Metern ausgebracht. Das SAMBAH-Projekt ist somit eines der weltweit größten Forschungsvorhaben dieser Art und erfasst in grenzüberschreitender Zusammenarbeit Daten, um die Ostsee-Schweinswale zu erforschen. Schweinswale sind die einzige dauerhaft in der Ostsee lebende Walart, diese Population ist jedoch stark bedroht.

Anhand ihrer Daten erstellten die Wissenschaftler Karten, welche die räumlich-zeitliche Verteilung der Schweinwale in der Ostsee darstellen. Diese Karten zeigen eine klare räumliche Trennung der Schweinswalpopulationen der zentralen Ostsee und der westlichen Ostsee zwischen Mai und Dezember. In dieser Zeit kommen die Kälber zur Welt und die Schweinswale paaren sich.

Relative Schweinswaldichte in der zentralen Ostsee.

Das nun ermittelte mutmaßliche Fortpflanzungsgebiet der zentralen Ostsee-Schweinswale befindet sich bei der schwedischen Midsjöbank, südlich der Insel Gotland. Bisher war nicht bekannt, dass in diesem Gebiet überhaupt Schweinswale vorkommen. Um die bedrohte Population effektiv zu schützen, ist der Schutz der Fortpflanzungsgebiete besonders wichtig.

Zudem wurden bisherige Forschungsergebnisse des Deutschen Meeresmuseums durch das SAMBAH-Projekt bestätigt: Schweinswale aus der dänischen Beltsee schwimmen im Sommer in die deutschen Gewässer bis vor Rügen und im Herbst zurück in die Beltsee.

Die Ergebnisse des SAMBAH Projektes wurden am 8. und 9. Dezember 2014 auf einer internationalen Konferenz im Kolmarden Wildlife Park, Schweden vorgestellt.

Schweinswal, Phocoena phocoena
Der Schweinswal ist mit 1.5-1.9 m Länge und einem Gewicht von 50-90 kg einer der kleinsten Zahnwale. Der Rücken ist dunkel, der Bauch hell gefärbt. Im Gegensatz zu Delfinen haben Schweinswale eine stumpfe Schnauze und eine kleine, dreieckige Rückenfinne. Schweinswale haben einen kaum sichtbaren Blas und ihr Verhalten an der Wasseroberfläche ist unauffällig. Als Nahrung dienen ihnen Heringe, Sprotten, kleine Dorsche und bodenlebende Fische wie Sandaale und Grundeln.
In den gemäßigten Breiten der nördlichen Hemisphäre ist der Schweinswal weit verbreitet. In der Ostsee und den angrenzenden Gewässern kommen drei unterschiedliche Schweinswalpopulationen vor: (1) Die hier vorrangig untersuchte Population der zentralen Ostsee lebt hauptsächlich in den Gewässern östlich von Rügen. (2) In der westlichen Ostsee, der Beltsee und dem südlichen Kattegat lebt eine morphologisch und genetisch unterschiedliche Population und (3) im nördlichen Kattegat, Skagerrak und der Nordsee eine weitere Population.

Dies ist eine Presseinformation des Deutschen Meeresmuseums Stralsund