Schweinswale rund um Dänemark

von | DMU / cetacea.de | Wittmund | 10. März 2008

Trotz jahrelanger Debatten ist dem Bestandsrückgang von Schweinswalen in der Ostsee noch kein nachhaltig wirksames Schutzmittel entgegengestellt worden. Nun haben dänische Wissenschaftler Ergebnisse einer Langzeitstudie vorgelegt und weisen mit harten Zahlen auf die Schutzwürdigkeit bestimmter Nord- und Ostseezonen hin.

DMU Schweinswale in DänemarkEine Gruppe von Wissenschaftlern um den Wal und Mensch Referenten Jonas Teilmann (Universität Aarhus) hat für das dänische Umweltamt "Danmarks miljöundersögelser" eine Studie über das Vorkommen von Schweinswalen in dänischen Gewässern erstellt. Ziel war es, Schlüsselhabitate mit hoher Schweinswaldichte auszuweisen. Auf dieser Grundlage sollen bis 2012 Schutzgebiete nach der Flora-Fauna-Habitat Richtlinie der EU (92/43/EWG) etabliert werden. Zwischen 1991 und 2007 wurden per Satelliten-Telemetrie, Flugsichtung, Schiffsichtung und Akustikzählung vom Schiff Daten erhoben, deren Ergebnisse nun vorliegen.

Die bedeutendste Informationen lieferten 63 Schweinswale die zwischen 1997 und 2007 mit Satellitensendern ausgestattet worden sind. Bei einer speziellen Form der Reusenfischerei, den "Pound"netzen, können Schweinswale in die Falle geraten, sind dabei aber nicht gefährdet. Fischer hatten diese Tiere gemeldet und innerhalb von Stunden war ein Team von Wissenschaftlern vor Ort, um die Wale mit den Sendern auszurüsten. Dafür wurden den Tieren nach Applikation eines Lokalanästhetikums zwei oder drei kleine Löcher in die Rückenfinne gebohrt und über Bolzen der Argossender befestigt. Nach etwa einem Jahr sollten die Sender von selbst abfallen und die Wunden verheilen. Die herausgestanzten Gewebestücke wurden für genetische Analysen verwendet (Teilmann et al. 2004).

Zusätzliche Untersuchungen per Flugzeug oder Schiff konnten in Bereichen, in denen sich keine Tiere mit Satellitensendern aufhielten, helfen, ein Gesamtbild zu ermitteln oder die Ergebnisse der Satellitentelemetrie bestätigen. Nur um die Insel Bornholm reichten die Daten nicht, um für diese Region verlässliche Aussagen zu treffen.

Von den vier Wasserwirtschaftszonen um Dänemark konnte für drei Zonen Gebiete nach der Bedeutung für die Schweinswale gewichtet werden. Für deutsche Entscheider wichtig ist dabei die Erkenntnis, dass die Gebiete, die an deutsche Gewässer grenzen als sehr bedeutsam gekennzeichnet wurden. Das sind in der Zone "Südliche Nordsee" Horns Rev und die Deutsche Bucht, und in der Zone "Innere dänische Gewässer" die Flensburger Förde und der Fehmarn Belt.

Zonen hoher Schweinswaldichte in dänischen GewässernDänemarks Exklusive Wirtschaftszone (EEZ) und die Gebiete mit hoher Schweinswaldichte

Sechzehn Gebiete mit hoher Schweinswaldichte wurden in den drei Wirtschaftszonen ausgewiesen und nach ihrer Bedeutung eingeteilt (Ranking in Klammern, 1 = sehr wichtig, 2 = wichtig, 3 = weniger wichtig)

Innere dänische Fahrwasser:

  1. Nördlicher Lillebælt (2)
  2. Südlicher Lillebælt (1)
  3. Südlicher Samsø Bælt (2)
  4. Nördlicher Samsø Bælt (3)
  5. Nördlicher Øresund (1),
  6. Store Middelgrund (2)
  7. Kalundborg Fjord (1)
  8. Großer Belt (1)
  9. Smålandsfahrwasser (3)
  10. Flensburger Förde (1)
  11. Fehmarn Belt (1)
  12. Kadettrinne (2)

Nördliche Nordsee:

  1. Um das nördliche Jylland (1)
  2. Skagerrak (langs med Norskerenden) (2)

Südliche Nordsee:

  1. Horns Rev (1)
  2. Deutsche Bucht (1)

1994 lag die Bestandsschätzung in der westlichen Ostsee bis zum Skagerrak bei 31.715 Tieren (CV=0,25). Für das Jahr 2005 liegt die Schätzung nach erneuten Zählungen bei 15.557 Tieren (CV=0,30). Wegen der großen Konfidenzintervalle darf man zwar nicht von statistisch signifikanten Entwicklungen sprechen. Die Bestandstrend ist nichtsdestotrotz alarmierend und bedarf weiterer Untersuchungen.

Die Schweinswale in der Ostsee sind vor allem durch die Fischerei bedroht. Umweltgifte und Lärm können ebenfalls zur Reduzierung der Bestände beitragen (Siebert et al. 2006).
Trotz dieser Befürchtungen haben sich Dänemark und Deutschland im Juli 2007 auf den Bau einer 19 Kilometer langen Brücke über den Fehmarnbelt geeinigt. Die Brücke soll die Orte Puttgarden auf Fehmarn und Rødby auf der dänischen Insel Lolland verbinden. Der Baustart ist für 2011 anvisiert. Nach Schätzungen wird der Bau etwa sieben Jahre dauern und in dieser Zeit für gehörigen Baulärm für die akustisch empfindlichen Meeressäuger sorgen.

Den Bericht High density areas for harbour porpoises in Danish waters (PDF, 7MB) können Sie beim Dänischen  Umweltamt herunterladen.

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Literatur

SIEBERT, U., A. GILLES, K. LUCKE, M. LUDWIG, H. BENKE, K.-H. KOCK und M. SCHEIDAT (2006):
A decade of harbour porpoise occurrence in German waters—Analyses of aerial surveys, incidental sightings and strandings.
Journal of Sea Research 56, S. 65-80

TEILMANN, J., R. DIETZ, F. LARSEN, G. DESPORTES, B. M. GEERTSEN, L. W. ANDERSEN, P. AASTRUP, J. R. HANSEN und L. BUHOLZER (2004):
Satellitsporing af marsvin i danske og tilstødende farvande. Danmarks Miljøundersøgelser.
Danmarks Miljøundersøgelser.

TEILMANN, J., S. SVEEGAARD, R. DIETZ, I. K. PETERSEN, P. BERGGREN und G. DESPORTES (2008):
High density areas for harbour porpoises in Danish waters.
National Environmental Research Institute, University of Aarhus, Aarhus, Denmark. http://www.dmu.dk/Pub/FR657.pdf